Neue Mantelverordnung für Ersatzbaustoffe und Bodenschutz tritt am 1.8.2023 in Kraft

Lesezeit: 5 Minuten

In Kürze wird eine neue Mantelverordnung erstmals für alle Bundesländer einheitliche und rechtsverbindliche Anforderungen an die Herstellung und den Einbau mineralischer Ersatzbaustoffe sowie zur Verwertung von Materialien in Verfüllungen von Abgrabungen zusammenfassen und teils neu regeln. Mehr als 15 Jahre wurde an der Verordnung gefeilt, am 1. August 2023 tritt  sie nun endlich in Kraft. Gleichzeitig verliert die Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung vom 12. Juli 1999 (zuletzt geändert im Juni 2020) ihre Gültigkeit und die Deponie- und die Gewerbeabfallverordnung werden angepasst. Die Mantelverordnung für Ersatzbaustoffe und Bodenschutz soll zum Schutz von Boden und Grundwasser beitragen, indem sie u. a. das Recycling von Baustoffen erleichtert und die Akzeptanz für den Einsatz von Ersatzbaustoffen verbessert.

Einführung einer Ersatzbaustoffverordnung

Von der Einführung der Ersatzbaustoffverordnung betroffen sind insbesondere Hersteller und Nutzer mineralischer Ersatzbaustoffe. Dazu zählen einerseits u. a. stationäre und mobile Aufbereitungsanlagen für Recycling-Baustoffe, metallerzeugende Industriebetriebe und Abfallverbrennungsanlagen, andererseits vor allem der Straßen- und Schienenverkehrswegebau.

Mit der Einführung der Ersatzbaustoffverordnung sollen erstmalig bundeseinheitlich und rechtsverbindlich Anforderungen an die Herstellung und den Einbau mineralischer Ersatzbaustoffe festgelegt werden. Mineralische Ersatzbaustoffe im Anwendungsbereich der Verordnung sind u. a. Recycling-Baustoffe aus Bau- und Abbruchabfällen, Schlacken aus der Metallerzeugung und Aschen aus thermischen Prozessen. Die Herstellung erfolgt dabei durch Anlagen, in denen die mineralischen Stoffe behandelt, insbesondere sortiert, getrennt, zerkleinert, gesiebt, gereinigt oder abgekühlt werden. Einbauseitig sind technische Bauwerke vor allem im Tiefbau, wie Straßen, Schienenverkehrswege, befestigte Flächen, Leitungsgräben, Lärm- und Sichtschutzwälle betroffen. Die Verordnung gibt zum einen für die jeweiligen Ersatzbaustoffe bzw. deren einzelne Klassen Grenzwerte in Bezug auf bestimmte Schadstoffe vor, deren Einhaltung durch den Hersteller im Rahmen einer Güteüberwachung zu gewährleisten ist. Zum anderen sieht sie an diese Grenzwerte angepasste Einbauweisen vor, die vom Verwender beim Einbau in das technische Bauwerk entsprechend den örtlichen Gegebenheiten zu beachten sind. Damit sollen der Eintrag von Schadstoffen durch Sickerwasser in den Boden und das Grundwasser begrenzt und Verunreinigungen ausgeschlossen werden.

Neufassung der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung

Von der Neufassung der Bundes-Bodenschutz- und der Altlastenverordnung sind aufgrund der dort vorgesehenen Erweiterungen des Regelungsbereichs insbesondere Bauherren und Bauunternehmer in Bezug auf größere Bauvorhaben sowie mit der Verfüllung von Abgrabungen und Tagebauen befasste Unternehmen betroffen. Mit dem Vollzug der Mantelverordnung insgesamt werden insbesondere die Bau- und Umweltbehörden der Länder befasst sein.

Die Neufassung der seit 1999 nur marginal geänderten Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung soll sich jetzt mehr nach aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen richten. Ihr Regelungsbereich wird auf das Auf- oder Einbringen von Materialien unterhalb oder außerhalb einer durchwurzelbaren Bodenschicht ausgedehnt. Damit werden die Anforderungen an die Verwertung von Materialien in Verfüllungen von Abgrabungen und Tagebauen erstmalig bundeseinheitlich und rechtsverbindlich festgelegt. Zudem wird die Verordnung um Aspekte des physikalischen Bodenschutzes, die bodenkundliche Baubegleitung sowie die Gefahrenabwehr von schädlichen Bodenveränderungen auf Grund von Bodenerosion durch Wind erweitert. Die Methoden zur Bestimmung von Schadstoffgehalten wurden aktualisiert.

Bauschutt recyceln: Großteil des Abfallaufkommens in Deutschland

Dass in Sachen Umweltschutz in Deutschland etwas geschehen muss, ist allein mit Blick auf die vereinbarten Klimaziele schon lange klar. Und so gab es bereits in der Vergangenheit einige Versuche, Recycling von Abfällen auch im Baubereich voranzutreiben.

Wie wichtig Recycling ist, zeigen aktuelle Zahlen: Denn jährlich fallen in Deutschland rund 250 Millionen Tonnen mineralische Abfälle an. Dazu zählen unter anderem Bau- und Abbruchabfälle (Bauschutt), Bodenmaterial (zum Beispiel ausgehobene Erde oder Gleisschotter), Schlacken aus der Metallerzeugung und Aschen aus thermischen Prozessen. Alarmierend: Diese Abfälle machen mit etwa 60 Prozent den Großteil des gesamten Abfallaufkommens in Deutschland aus.

Doch genau hier steckt auch Potenzial. Denn rund 90 Prozent der mineralischen Abfälle können erneut genutzt werden. Mineralische Ersatzstoffe werden bereits unter anderem für den Bau von Straßen, Bahnstrecken, befestigten Flächen, Leitungsgräben, Lärm- und Sichtschutzwällen oder auch im Hochbau als Recycling-Beton verwendet und sollen durch die neue Mantelverordnung noch populärer werden.

Die Rechnung ist einfach: Je mehr Abfälle (hier Baustoffe) recycelt werden, desto weniger Flächen werden für die Rohstoffgewinnung benötigt. Mit einer einheitlichen Regelung möchte der Bund vor allem eines: Vereinfachte Verfahren sollen die allgemeine Akzeptanz von qualitätsgesicherten Ersatzbaustoffen erhöhen und diese für die gesamte Baubranche attraktiver machen, sodass Primärbaustoffe und natürliche Ressourcen langfristig geschont werden. Auch für die Beseitigung von in Bauabfällen enthaltenen Schadstoffen wird es nunmehr klare und einheitliche Regeln geben, ebenso wie für die Verfüllung von obertägigen Abgrabungen, wie zum Beispiel einstigen Kies- und Sandgruben. Die positiven Änderungen kommen genau richtig. Denn insbesondere mit Blick auf den aktuell herrschenden Baustoffmangel werden Ersatzbaustoffe immer wichtiger. Die einheitliche Regelung dürfte viele Prozesse vereinfachen. Denn: Sowohl private als auch öffentliche Bauherren sahen sich aufgrund unterschiedlicher regionaler Regelungen in der Vergangenheit mit zahlreichen Herausforderungen konfrontiert. Sie können nunmehr qualitätsgeprüfte Ersatzbaustoffe einfacher und rechtssicherer nutzen.

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Jochen Scholl
Leiter Öffentlichkeitsarbeit | UNIT Versicherungsmakler GmbH
+49 208 7006-3788

Ein Kommentar

  1. Am 18.07.2023 wurde die „Verordnung zur Änderung der Ersatzbaustoffverordnung und der Brennstoffwechsel-Gasmangellage-Verordnung“ veröffentlicht (Änderungsverordnung).
    https://www.recht.bund.de/bgbl/1/2023/186/VO.html
    Sie tritt am 01. August 2023 gemeinsam mit der „Mantelverordnung“ in Kraft.
    Die Ersatzbaustoffverordnung ist ein Teil eines Verordnungspakets der sogenannten „Mantelverordnung“, die bereits im Juli 2021 veröffentlicht wurde und im August 2023 in Kraft treten sollte. Diese Mantelverordnung sollte nicht nur die Ersatzbaustoffverordnung einführen, sondern auch die Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung neu fassen sowie die Deponieverordnung und die Gewerbeabfallverordnung ändern.
    Mit der Veröffentlichung der Änderungsverordnung wurde erstmals ein Teil einer bereits veröffentlichten Mantelverordnung geändert, bevor überhaupt der Mantel in Kraft tritt; und das nach 16 Jahren andauernder Diskussionen, bis man diese Mantelverordnung finalisiert hatte.

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