Eine Gruppe von Chemikalien, die Gesetzgeber und Unternehmen beschäftigt: Regelungen, Pflichten und Fristen in Bezug auf Schaummittel

Lesezeit: 8 Minuten

Schaummittel in Löschanlagen und Feuerlöschern stehen derzeit unter Generalverdacht, poly- oder perfluorierte organische Verbindungen wie PFOS, PFOA, PFHxS und C9-C14 PFCA zu enthalten.¹

Dabei besitzen chemische Verbindungen, die hinter den o. g. Kürzeln stecken, eigentlich attraktive Eigenschaften; sie sind wasser-, fett- und schmutzabweisend, chemisch und thermisch stabil. Es handelt sich jedoch auch um Gefahrstoffe, die sich teilweise nie mehr aus der Umwelt entfernen lassen. Sie stehen im Verdacht, Krebs zu erregen und können in Schadenfällen zu immensen Sanierungskosten führen.

Rechtsnormen & Fristen

Die Verwendung einzelner Verbindungen dieser Stoffgruppe ist in der EU schon lange verboten (vgl. REACH VO (EG) 1907/2006² und POP VO EU/2019/1021³). Die letzten Übergangsfristen, in denen die Verwendung noch erlaubt war, laufen jetzt aus. Ein generelles Verbot der gesamten Stoffgruppe wird ebenfalls diskutiert.

Aktuell sind bestimmte Feuerlöschschäume, die bereits in mobile oder ortsfeste Systeme eingefüllt sind, noch bis zum 04.07.2025 zulässig.4

Freisetzungen müssen schon jetzt aufgefangen werden

Auch wenn die Frist für ein vollständiges Verwendungsverbot noch in der Zukunft liegt: Schaummittel, die aktuell in Systemen enthalten sind, dürfen nur verwendet werden, wenn alle Freisetzungen aufgefangen werden. Diese Pflicht gilt für (Löschanlagen-/ Feuerlöscher-)Tests sowie für alle sonstigen Verwendungen (z. B. Verwendung des Löschmittels im Brandfall). Daher sind bei Tests solcher Anlagen nicht nur besondere Sorgfalt geboten, sondern auch die Vorgaben der Landesbehörden/Kommunen für die Einleitung von Abwasser zu beachten (direkte Einleitung in Gewässer und indirekte Einleitung in Kläranlagen der Stadt).

Einige Kommunen legen für die Einleitung von Abwasser, das solche Verbindungen enthält, einen Grenzwert von 1 μg/kg fest (vgl. chemikalien-rechtlicher Grenzwert: 25 μg/kg).

Meldepflichten für Lagerbestände

Lagerbestände von mehr als 50 kg bestimmter Schaummittel (vgl. Anhang I oder II der POP VO EU/2019/1021) müssen der zuständigen Behörde gemeldet werden (vgl. Art. 5 (2) POP VO). Zuständige Behörden sind hierbei jeweils die Landesbehörden der Bundesländer wie Bezirksregierung, das Gewerbeaufsichtsamt oder das Regierungspräsidium. Für die Meldungen soll laut der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAUA) ein bestimmtes Formularverwendet werden.7 Hierin sind Angaben zu Stoffgruppe, die EC- und CAS-Nummer, die POP-Konzentration im Gemisch, Art der Lagerhaltung, Beschreibung der Verwendung, Erläuterungen der Maßnahmen, die gegen eine mögliche Freisetzung der Produkte in die Umwelt getroffen werden, etc. aufzunehmen. Wichtig: Die Meldefrist ist bereits abgelaufen, daher sollten die Meldungen unverzüglich und danach regelmäßig einmal jährlich wiederholt erfolgen.⁶

Empfohlenes Vorgehen

Unternehmen sollten sich rasch mit der Thematik beschäftigen, um Umweltschäden und Sanktionen zu vermeiden und Maßnahmen in einer Zeit zu treffen, in der Sie den Ablauf der Umsetzung beeinflussen können.

Die Abteilung Risk Control & Engineering (RCE) bei Aon  empfiehlt die folgenden Schritte:  

  • Übersicht verschaffen (prüfen, ob Sprinkleranlagen oder Feuerlöscher mit Schaummitteln bestehen und ob diese den o. g. Stoffgruppen zugehören). Vorlage der BAUA verwenden, um Details zu dokumentieren.
  • Analyse eventueller fluorhaltiger Schaummittel in Auftrag geben.5
  • Entleeren und Reinigen der schaummittelhaltigen Anlagen(teile) durch Fachbetrieb.
  • Sämtliche Medien (Produkt, Reinigungs- und Spülwasser) vollständig auffangen.
  • Aufgefangene Medien ordnungsgemäß abfallrechtlich entsorgen.
  • Abfallentsorgungsnachweise vom Fachbetrieb erbitten und in die innerbetriebliche Dokumentation aufnehmen.
  • Neues, zugelassenes Schaummittel ermitteln oder ein schaummittelfreies Löschkonzept in Erwägung ziehen.

Beachtung des Abfallrechts

Wird festgestellt, dass das vorhandene Schaummittel nicht zugelassen war (vgl. Art. 5 (1) POP VO), muss das Produkt ordnungsgemäß als Abfall entsorgt werden.
Nach dem Inkrafttreten des Verwendungsverbots PFOA-haltiger Schaummittel am 04.07.2025 müssen solche Schaummittel ebenfalls entsorgt werden.
Abfallrechtlich kann es sich bei Abfällen dieser Stoffgruppe – je nach Gehalt an fluorierten Verbindungen – um „gefährliche Abfälle“ i.S. § 3 Abfallverzeichnis Verordnung (AVV) handeln.
Für gefährliche Abfälle ist vor der Entsorgung ein bestätigter Entsorgungsnachweis gemäß § 50 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG) in Verbindung mit Teil 2 der Nachweisverordnung (NachwV) erforderlich.
Nach erfolgter Entsorgung ist gemäß § 49 Abs. 3 KrWG in Verbindung mit § 24 NachwV ein Register zu führen.
Beachtet werden sollten zudem eventuelle landesrechtliche Vorgaben zur Abfallentsorgung.

Mit welchen Sanktionen müssen Unternehmen bei Nichtbeachtung rechnen?

Werden o. g. Pflichten nicht erfüllt, drohen nicht nur Konflikte mit dem europäischen und deutschen Chemikalienrecht und ggf. dem Abfallrecht, sondern auch Bußgelder oder sogar Freiheitsstrafen.

Auch unabsichtliche Freisetzung muss aufgefangen werden

Häufig nicht berücksichtigt wird, dass auch Stoffe, die bei Unfall, Fehlbedienung, Gabelstapleranprall, Überfüllung, Verschüttung o. ä. in die Umwelt gelangen (also ohne Brand und nicht bei Revisionen) vollständig und ohne Ausnahmeaufgefangen werden müssen.

Andernfalls könnten das Erdreich des unbefestigten Geländes in Betrieben, die Kanalisation, das Klärwerk und auch landwirtschaftliche Flächen, auf denen Filterkuchen der Kammerfilterpresse des Klärwerks ausgebracht werden, kontaminiert werden. Sanierungsaufwand und die damit verbundenen Kosten können immens sein.9

Aons Risk Control & Engineering unterstützt Ihr Umwelt- und Brandschutzmanagement

Die Brand- und Umweltschutz Experten der Abteilung Risk Control & Engineering (RCE) bei Aon begleiten Unternehmen als Partner, helfen bei der Entwicklung eines konsequenten Umweltmanagements und erstellen gerne bedarfsgerechte adäquate Löschkonzepte.


ESG

Regierungen, Unternehmen und Zivilgesellschaften stehen vor immer größer werdenden Herausforderungen: Sie alle sind aufgefordert, ihr Handeln so auszurichten, dass ein menschenwürdiges Leben überall auf der Welt möglich ist und die natürlichen Lebensgrundlagen dauerhaft bewahrt werden. Diese Handlungsmaxime umfasst ökonomische, ökologische und soziale Aspekte, auch bekannt als die sogenannten ESG-Kriterien.

ESG, das ist der Dreiklang aus Environment (Umwelt), Social (Soziales) und Governance (verantwortungsvolle Unternehmensführung).

Der Bereich Environment beinhaltet Themen wie Umweltschutz, Energieeinsparung oder Entsorgung und Recycling.
Der Faktor Social beschäftigt sich unter anderem mit Chancen- und Lohngleichheit, sozialem Engagement oder der Einhaltung von Menschenrechten.
Governance legt den Fokus auf Transparenz und eine nachhaltige Unternehmensführung, unter anderem auch in der Finanzierung.

Nachhaltigkeit betrifft heute also nicht nur Umweltaspekte, sondern wird weitaus breiter gedacht.


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Ansprechpartner

Martina Dinnis
Senior Risk Consultant I Risk Control & Engineering
+49 40 3605-3139

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