Die Modernisierung des Versicherungsteuergesetzes

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Am 29. Oktober 2020 hat der Bundestag die Reform des Versicherungsteuergesetzes beschlossen. Diese Reform wurde am 9. Dezember 2020 im Bundesgesetzblatt verkündet und ist am Folgetag in Kraft getreten. Sie ist also in Teilbereichen bereits auf Prämienerhebungen ab dem 10. Dezember 2020 anzuwenden. Die kontinuierliche Weiterentwicklung und Anpassung des fast 100 Jahre alten Versicherungsteuergesetzes ist zunächst einmal nichts Ungewöhnliches. Weiterhin wird der Zweck der Reform, also die „Modernisierung und Weiterentwicklung des Versicherungsteuerrechtes sowie die Erreichung von mehr Rechtssicherheit durch ausdrückliche beziehungsweise klarstellende Regelungen“, sicher von allen Seiten begrüßt. Trotzdem sind gegen diese Reform in seltener Einigkeit Verbraucherverbände, Versicherer und Industrievertreter Sturm gelaufen und haben – weitgehend erfolglos – einschneidende Änderungen des Reformpaketes verlangt. Was hat zu dieser Situation geführt und welche Regelungen standen besonders in der Kritik? Hier sind insbesondere drei Regelungsbereiche zu nennen, die zu heftiger Kritik geführt haben.

Diese sind

  • die „Klarstellungen“ zur Risikobelegenheit der Sondertatbestände
    mit Drittlandbezug,
  • die erstmalige Einschränkung der Steuerbefreiung für
    bestimmte Arten der Personenversicherung sowie
  • die Pflicht zur elektronischen Steueranmeldung.

Aus Sicht der versicherungsnehmenden Industrie sind insbesondere die neuen Regelungen zur Risikobelegenheit im Bereich der Sondertatbestände problematisch. Diese neuen Regelungen sehen z. B. eine Besteuerung des Versicherungsschutzes für Betriebsstätten und sonstige Einrichtungen in Drittländern (Länder außerhalb des EWR) nach deutschem Steuerrecht vor. Da davon auszugehen ist, dass auch die jeweiligen Drittländer eine Besteuerung für die in ihren Hoheitsgebieten liegenden Betriebsstätten nach dem jeweiligen Landesrecht verlangen werden, kann es zu einer Mehrfachbesteuerung kommen, ohne dass im Bereich der Versicherungsteuer Doppelbesteuerungsabkommen Anwendung finden. Die Skaleneffekte internationaler Versicherungsprogramme werden insoweit reduziert, der Versicherungsschutz unnötig verteuert.

Für alle Kundengruppen ist die erstmalige Einschränkung der Steuerbefreiung für bestimmte Personenversicherungen bemerkenswert. Ab dem 1. Januar 2022 abgeschlossene Kranken- und Pflegeversicherungen sowie Erwerbsunfähigkeits und Berufsunfähigkeitsversicherungen sind nur noch dann von der Versicherungsteuer befreit, wenn die Versicherungsleistung entweder an die sogenannte „Risikoperson“ selbst oder aber an einen nahen Angehörigen der Risikoperson zu erbringen ist. Für Gruppenversicherungen, z.B. Auslands(reise)- Krankenversicherungen, kommt es zukünftig auf die Vertragsgestaltung an, ob diese der Versicherungsteuerpflicht unterliegen oder weiterhin steuerbefreit bleiben.

Die zudem im Gesetz vorgesehene Pflicht zur elektronischen Steueranmeldung ab dem 1. Januar 2022 stellt gerade die Personenversicherer, die sich bisher nicht mit Fragen der Versicherungsteuerabführung befassen mussten, vor organisatorische Herausforderungen. Es steht zu befürchten, dass der hier entstehende Aufwand zur Einrichtung von Systemen zur ordnungsgemäßen Berechnung und elektronischen Anmeldung der Versicherungsteuer auch zu einer Mehrbelastung aller Versicherungskunden führen wird.

Die Reform des Versicherungsteuergesetzes war im Gesetzgebungsverfahren umstritten. Ob das Gesetz gelungen ist, mag kontrovers diskutiert werden. Festzuhalten ist aber, dass das selbst gesteckte Ziel, künftig für mehr Transparenz und Rechtssicherheit zu sorgen, durch diese Reform jedenfalls nicht erreicht wird.

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Ansprechpartner

Stefan Scholz
Director Bid Team Germany | Mitglied der Geschäftsleitung

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