Hier schreiben regelmäßig Aon Expertinnen und Experten zu aktuellen Entwicklungen in den Themenfeldern Risiko, Kapital und Human Resources. Mit diesen Informationen und Erkenntnissen können Führungskräfte bessere Entscheidungen für ihr Unternehmen treffen.
Inflation: Auswirkungen auf Versicherungssparten
Laut Statistischem Bundesamt betrug die Inflationsrate in Deutschland im Mai 2022 +7,9 und im Juli +7,5 Prozent. Ob diese leichte Erholung eine Trendumkehr darstellt, bleibt abzuwarten, denn die weiteren weltwirtschaftlichen Entwicklungen sind ungewiss. Klar ist jedoch, dass sämtliche Bereiche von den extremen Teuerungen betroffen sind. Doch welche konkreten Auswirkungen hat die Inflation auf die Versicherungen von Unternehmen? Ein Überblick.
Drohende Unterversicherung bei Büroinhalt und Elektronik in der Gebäudeversicherung
Der rapide Preisanstieg ist für alle betrieblichen Sachversicherungen von erheblicher Bedeutung, denn er führt in den meisten Fällen dazu, dass auch die Versicherungswerte für versicherte Bürosachwerte ansteigen. Insbesondere in der Versicherung von Gebäuden lässt sich derzeit ein drastischer Anstieg dieser Werte verzeichnen. Denn: Der Versicherungswert bemisst sich immer nach den Wiederherstellungs -oder Wiederbeschaffungskosten, auf die der Versicherungsnehmer im Schadenfall Anspruch hat. Steigen diese Kosten in erheblichem Maße an und die vertraglich vereinbarten Versicherungssummen werden nicht angepasst, besteht die dringliche Gefahr einer Unterversicherung. Hier kann der Versicherer dann dazu berechtigt sein, den Schadenersatz im Verhältnis des eigentlich erforderlichen Versicherungswertes zur vereinbarten Versicherungssumme zu kürzen. Eine Ausnahme besteht dann, wenn in den Versicherungsbedingungen für den Kunden positivere Regelungen festgelegt sind. Neben der Versicherungssumme können diese auch andere Erweiterungen des Schutzes im Inflationskontext betreffen. Vor diesem Hintergrund ist eine Überprüfung und Anpassung der Versicherungssummen in den betrieblichen Sachversicherungen dringend anzuraten.
Haftpflicht: Versicherungssummen vorsorglich anpassen
Grundsätzlich gilt für alle Haftpflichtversicherungen von Unternehmen: Inflationsbedingt werden die Kosten der Schadenabwicklung und des geltend gemachten Schadenersatzes bei Haftpflichtschäden steigen. Höhere Schadenkosten führen damit gleichermaßen zu höheren Worst-Case Szenarien.
Bei internationalen Haftpflicht-Versicherungsprogrammen gilt es zusätzlich, auch Versicherungssummen in Lokalpolicen mit Blick auf einen (stark) gesunkenen Wechselkurs zu überprüfen. Denn Währungsschwankungen können lokale Versicherungssummen, den lokalen Selbstbehalt und die lokale Prämie beeinflussen.
Besonderheiten können sich auch bei Spezialversicherungen ergeben, z. B. für die Berufshaftpflichtversicherung der Architekten und Ingenieure. Der Anstieg der Baupreisindices war in den zurückliegenden Jahren gut doppelt so hoch wie bei der Inflationsrate. Das bedeutet, dass die Kosten der Schadenabwicklung in diesem Bereich rasant steigen. Es ist dabei ein mehrjähriger Effekt zu beachten. Aufgrund des sogenannten Verstoßprinzips bei der Vermögensschadenhaftpflichtversicherung werden Mängel, die in einigen Jahren geltend gemacht werden, aber auf Planungsfehlern von heute beruhen, auf der Grundlage des heute geltenden Versicherungsvertrages reguliert. Die Höhe des Schadenersatzes aber richtet sich nach den bei Mängelbeseitigung in Zukunft geltenden Preisen. Insofern sollten die Versicherungssummen bereits jetzt vorsorglich erhöht werden.
Regelmäßig überprüfen: Auswirkungen auf Warentransportversicherungen
Viele Transportversicherer sind in den vergangenen Jahren dazu übergegangen, die sehr großzügig gewährten Versicherungssummen stärker an den Bedarf ihrer Kunden anzupassen. Ändern sich branchenspezifische Besonderheiten z. B. durch einen exponentiellen Anstieg der Rohstoffpreise oder die Korrelation von politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, dann sollten mögliche Auswirkungen auf den Versicherungsschutz der Warentransportversicherung geprüft werden.
Vielschichtiger Kontraktpreis der Montage-/Bauleistungspolicen unterliegt zahlreichen Einflüssen
Die hohen Inflationsraten führen in den meisten Fällen dazu, dass die Versicherungswerte auch bei kombinierten Montage- oder Bauleistungspolicen erheblich ansteigen. Kostentreiber sind hier beispielsweise die versicherten Sachwerte, Reparaturkosten im Schadenfall, Ersatzteile und überdurchschnittlich steigende Löhne. In der Montage- und Bauleistungsversicherung wird die Versicherungssumme aus dem vorläufigen Kontraktpreis für das versicherte Bau- oder Montageobjekt gebildet. Im Kontraktpreis werden immer auch die Fracht-, Verpackungs-, Montage-, Bau- und Zollkosten, Gewinn sowie die endgültigen Selbstkosten der versicherten Lieferungen und Leistungen berücksichtigt. Erfahrungsgemäß verändern sich während der Bauzeit je nach Bau-/Montagedauer die Kosten zum Teil erheblich. Dafür kann es verschiedene Gründe geben. Neben Verzögerungen während der Bau-/Montagezeit können auch extreme Preissteigerungen für Rohstoffe oder Ersatzteile ursächlich sein.
Erhöhte Risikosituation beeinflusst D&O- und Vertrauensschaden-Versicherungen
Die sich zuspitzende Inflationslage bringt für fast alle Unternehmen und deren versicherte Organmitglieder eine erhöhte Risikosituation mit sich. So kann es passieren, dass Vorstände sich dem Vorwurf ausgesetzt sehen, ihre Anleger nicht hinreichend über die nachteiligen Auswirkungen der Inflation auf die Gewinne des Unternehmens informiert zu haben. Verfahren im Zusammenhang mit Fehlern im Rahmen des Lieferkettenmanagements, darauffolgende Produktionsausfälle oder Vorwürfe wegen fehlerhaftem Krisenmanagement (z. B. mit Blick auf verspätete Preisanpassungen) und Insolvenzverstößen sind denkbar.
Und auch im Rahmen der Vertrauensschadenversicherung (VSV) wird sich die Inflation mittelbar voraussichtlich vor allem im Rahmen der Preisgestaltung auswirken. Grund hierfür ist allen voran der Preisdruck, dem die Versicherer ausgesetzt sind, z.B. durch steigende Kosten von Beratern und Forensikern in der Schadenbearbeitung. Im Lichte der Inflation droht auch eine Zunahme von Vertrauensschäden aus verschiedenen Ursachen wie eine sinkende Loyalität von Mitarbeitern gegenüber dem Arbeitgeberunternehmen oder ein Anstieg von Betrugsszenarien infolge einer Warenverknappung.
Aon unterstützt Unternehmen bei inflationsbedingten Herausforderungen
Die ungewisse Lage und die zeitgleich auftretenden, komplexen Herausforderungen in der globalen Wirtschaft verunsichern viele Unternehmen. Eine Situation wie diese ist Neuland und verändert bestehende Risiken. Wir stehen unseren Kunden jederzeit mit umfassender Beratung zur Seite und entwickeln auf sie zugeschnittene Lösungen, um Schäden auch in der neuen Risikosituation abzuwenden.
Wenn Sie sich unsicher sind, ob Ihre Versicherungen noch zeitgemäß sind oder Anpassungsbedarf identifizieren möchten, sprechen Sie uns jederzeit an. Unsere Experten prüfen gerne Ihren Versicherungsschutz im Hinblick auf die Inflation und beraten Sie ausführlich bezüglich möglicher Optimierungen.