W&I-Versicherungen bei Real Estate Forward Deals

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Die Anwendung von W&I-Versicherungslösungen bei Immobilientransaktionen ist äußerst beliebt. Zum einen spielen hier die üblichen Vorteile wie z. B. der „Clean Exit“ für den Verkäufer und das Vorhandensein eines solventen Vertragspartners für den Käufer und Versicherungsnehmer eine Rolle. Zum anderen sind Immobilientransaktionen günstiger als klassische Unternehmenstransaktionen versicherbar, da das Risiko, welches von der Transaktion einer Immobilie oder einer die Immobilie haltenden Gesellschaft ausgeht, von den Versicherern als geringer eingestuft wird. So sehen wir im Immobilienbereich regelmäßig Prämien für W&I-Versicherungslösungen ab 0,6 Prozent der eingekauften Versicherungssumme, während sich die Prämien bei klassischen Unternehmenstransaktionen im Bereich ab 0,9 Prozent der eingekauften Versicherungssumme bewegen.1

In Zeiten der Knappheit von veräußerbaren Bestandsimmobilien haben neben klassischen Immobilientransaktionen sogenannte Forward Deals im Immobiliensektor im vergangenen Jahrzehnt an enormer Bedeutung gewonnen. Hierbei wird nicht das bestehende Objekt als solches veräußert. Der Verkäufer verkauft vielmehr zunächst lediglich das Grundstück und verpflichtet sich, das in der Planung befindliche Objekt in einem gewissen Zeitraum zu errichten. Zwischen dem Vertragsschluss und der schlussendlichen Fertigstellung des Bauvorhabens kann ein langer Zeitraum, mitunter bis zu zwei Jahre oder mehr, verstreichen. Dabei sind zahlreiche Garantien, die bei der Unterzeichnung des Kaufvertrages abgegeben werden, auf den Zeitpunkt der Fertigstellung der Immobilie gerichtet. Denn erst dann ist das wirkliche Asset im Rahmen der Transaktion in Form des errichteten Gebäudes vorhanden und es wird nach erfolgter Abnahme der Kaufpreis gänzlich fällig. Im Anschluss an die Kaufpreiszahlung gehen Besitz, Nutzen und Lasten am Grundstück einschließlich Gebäude auf den Käufer über (im Folgenden wird dieser Zeitpunkt „Closing“ genannt). Das Grundprinzip der W&I-Versicherung ist eine stichtagsbezogene Betrachtung der abgegebenen Garantien zum Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung oder zum Zeitpunkt des Closings der Transaktion. Es können dabei Garantien versichert werden, die Umstände betreffen, die jeweils in der Vergangenheit liegen und daher überprüfbar sind. Ausgehend von diesem Grundprinzip kann der Versicherer zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Kaufvertrages die Einhaltung der auf den Zeitpunkt des Closings gerichteten Garantien durch den Käufer noch gar nicht beurteilen, und daher zu diesem Zeitpunkt noch nicht versichern.

Es stellt sich die Frage, welche Garantien im Rahmen von Real Estate Forward Deals typischerweise (auch) auf den Zeitpunkt des Closings abgegeben werden und welche Mechanismen es im Versicherungsmarkt gibt, um diese Garantien, obwohl weit in der Zukunft liegend, versicherbar zu machen.

Typische Garantien zum Zeitpunkt des Closings

Garantien, die neben dem Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung auch zum Zeitpunkt des Closings abgegeben werden, sind typischerweise zunächst die fundamentalen Garantien wie das Eigentum am Grundstück oder die Inhaberschaft an den Geschäftsanteilen, sollte es sich um einen Anteilskauf- und Übertragungsvertrag handeln. Des Weiteren kommen Garantien in Betracht, wonach das Grundstück frei von Dienstbarkeiten, sonstigen dinglichen Beschränkungen oder Umweltschäden ist, oder aber gegen den Verkäufer kein Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Bei einem Forward Deal sind hinzukommend weitere, das fertiggestellte Gebäude betreffende Garantien zu nennen. Erwähnenswert sind dabei insbesondere Garantien, wonach das Gebäude im Einklang mit der Baugenehmigung und sonstigen bauordnungsrechtlichen oder bauplanungsrechtlichen Vorgaben fertiggestellt wurde oder, falls der Verkäufer zur Vermietung berechtigt oder verpflichtet war, dass die abgeschlossenen Mietverträge einem abgestimmten Muster entsprechen.

Ein Sonderfall sind Garantien bezüglich der mangelfreien Errichtung des Bauvorhabens. Diese Garantien sind regelmäßig vom Deckungsumfang der W&I-Versicherung ausgeschlossen. Der maßgebliche Grund dafür ist, dass der Verkäufer naturgemäß eigene Ansprüche gegen den Werkunternehmer hat, die er an den Käufer abtreten kann. Der Werkunternehmer wird seinerseits in der Regel versichert sein und dessen Versicherer ist regelmäßig besser mit den inhaltlichen Themen vertraut als der W&I-Versicherer, der nur die Papierform und die Transaktion aus der Vogelperspektive kennt. Eine zusätzliche Absicherung durch die W&I Versicherung ist insofern nicht erforderlich (aber auch in der Regel nicht verhandelbar).

Voraussetzungen der Versicherbarkeit

Da bei der Versicherung von Garantien im Rahmen der W&I-Versicherung eine stichtagsbezogene Betrachtung in die Vergangenheit erfolgt, kann der Versicherer zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht beurteilen, ob die auf den zukünftigen Zeitpunkt des Closings bezogenen Garantien zutreffend sind. Gewöhnlicherweise behilft sich der Versicherer im Rahmen von W&I-Versicherungen hier mit der vom Käufer abzugebenden Closing No Claims Declaration und dem sogenannten Bring Down des Verkäufers, mit denen diese versichern, dass ihnen keine Verletzungen der auf das Closing abgegebenen Garantien bekannt sind. Sollten dem Käufer oder dem Verkäufer tatsächliche Garantieverletzungen bekannt sein, sind diese offenzulegen und sind von der Deckung des Versicherers ausgeschlossen. Bei Real Estate Forward Deals reicht dieser Mechanismus jedoch für viele Garantien nicht aus, da zum einen die Zeiträume den bei gewöhnlichen Unternehmenskaufverträgen zwischen Signing und Closing gelegenen Zeitraum von üblicherweise ca. drei bis neun Monaten überschreiten. Dies erhöht das Risiko, dass zwischenzeitlich Umstände aufgetreten sind, die den Parteien unbekannt sind und zu einem Garantiebruch führen. Zum anderen macht die Natur der Transaktion, nämlich, dass das gegenständliche Objekt erst noch errichtet werden muss, eine weitergehende Überprüfung der zum Closing abgegebenen Garantien zwingend. Es wäre für den Versicherer zu riskant, sich bei Real Estate Forward Deals allein auf die Zusicherung des Käufers und Verkäufers zu verlassen.

Zusätzlich zur Closing No Claims Declaration des Käufers und dem Bring Down des Verkäufers sind daher für einige Garantien zum Zeitpunkt des Closings bzw. kurz vorher weitere Handlungen notwendig, um diese versicherbar zu machen. Dabei kann zwischen Garantien unterschieden werden, die wichtig sind, aber deren Inhalte aus Registern verifiziert werden können. Solche Garantien sind z.vB. Zusicherungen des Verkäufers, dass er auch zum Zeitpunkt des Closings tatsächlich noch im Grundbuch eingetragener Eigentümer des gegenständlichen Grundstücks ist, keine weiteren Baulasten betreffend das Grundstück im Baulastenverzeichnis eingetragen sind oder kein Insolvenzverfahren gegenüber dem Verkäufer eröffnet wurde. Bezüglich solcher Garantien reicht oftmals eine entsprechende Bestätigung des Käufers einschließlich der Kopie eines Registerauszugs kurz vor Closing, dass Einsichtnahme in die betreffenden Register genommen wurde und die garantierten Sachverhalte noch zutreffend sind. Wurden weitergehende Sachverhalte garantiert, wie z.vB., dass das fertiggestellte Gebäude der dafür vorgesehenen Baugenehmigung entspricht und auch sonst konform mit den bauordnungsrechtlichen und bauplanungsrechtlichen Vorschriften ist, wird der Versicherer einen aktuellen Due Diligence Report zum Closing verlangen, der eine Prüfung der Umstände, also dass das Gebäude den baurechtlichen Anforderungen entspricht, beinhaltet.

Hinsichtlich des Zeitraums, der zwischen dem Vertragsschluss und dem letztendlichen Closing der Transaktion liegen darf, gibt es keine starren Vorgaben. In einer klassischen Transaktion sind die üblichen Zeiträume zwischen Signing und Closing drei bis neun Monate. Dies kann in der Regel von allen Versicherern mitgegangen werden. Bei einem Forward-Deal kann die Fertigstellung jedoch signifikant längere Zeiträume erfordern. Hier ist eine Einzelfallabsprache mit den Versicherern erforderlich, damit über eine spezielle Strukturierung in der Police den Anforderungen auch regulatorisch entsprochen werden kann. Dies können jedoch nicht alle Versicherer sicherstellen.

Zweigliedriger Prozess

Da ein Real Estate Forward Deal für den Versicherer zwei Arbeitsschritte notwendig macht, zum einen den Entwurf und die Verhandlung der Police vor dem Zeitpunkt des Signings und eine nochmalige Prüfung der zu versichernden Garantien vor dem Zeitpunkt des Closings, sind hinsichtlich des Prozesses Besonderheiten zu beachten. Üblicherweise wird bei W&I-Versicherungen die gesamte Versicherungsprämie einschließlich der Zeichnungsgebühr (sogenannte „Underwriting Fee“), welche für die Inanspruchnahme externer Berater zu zahlen ist, erst zum Zeitpunkt des Closings fällig. Bei einem Real Estate Forward Deal verlangt der Versicherer jedoch wegen des langen Zeitraums zwischen Signing und Closing einen Teil der Versicherungsprämie bereits nach dem Signing, während der verbliebene Teil dann zum Closing fällig wird. Außerdem werden wegen des erhöhten Prüfungsaufwands für den Versicherer jeweils für das Signing und für das Closing separate Zeichnungsgebühren fällig.

Fazit

Auch wenn die Fertigstellung des Gebäudes im Rahmen eines Real Estate Forward Deals noch in ferner Zukunft liegt, ist die Versicherbarkeit entsprechender auf das Closing bezogener Garantien durchaus möglich. Je nach Inhalt der Garantien sind dabei besondere Voraussetzungen zu beachten, um die Anforderungen des Versicherers an eine ausreichende inhaltliche Überprüfung des Sachverhalts zu erfüllen und die Garantien versicherbar zu machen. Hierbei ist es entscheidend, die wesentlichen Punkte der Transaktion im Voraus gemeinsam mit dem Makler zu erörtern. Der Makler kann anschließend unter Hervorhebung der für die Transaktion relevanten Punkte an den Versicherungsmarkt herantreten, und bei der Wahl des am besten geeigneten Versicherers für diese Transaktion beraten. Damit kann die bestmögliche Deckung für den Kunden erreicht werden.

Sollten Sie Fragen zu diesem oder sonstigen Themen im Zusammenhang mit W&I-Versicherungen haben, können Sie sich gerne jederzeit an Aon wenden.


Quellen

1: Bei einer eingekauften Versicherungssumme von EUR 20m, würde sich die Nettoprämie bei einem Real Estate Deal somit auf eine Summe ab EUR 120.000,00 belaufen, während bei einem Operational Deal Summen ab EUR 180.000,00 anfallen würden.

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Volkan Cakir
Director | M&A and Transaction Solutions | Aon
+49 69 29727 6031

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