Wasserstoff: Hoffnungsträger für eine grüne Zukunft?

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Nicht erst seit der Pariser Klimakonferenz hat der Klimaschutz eine sehr hohe Priorität auf der politischen Agenda. Denn das natürliche Gleichgewicht unseres Planeten gerät mehr und mehr ins Wanken. Seit jeher wechseln sich Warmklima und Eiszeitalter ab. Wir befinden uns derzeit in einer Warmzeit, die letzte Kaltzeit liegt ca. 12.000 Jahre zurück. Die verschiedenen Phasen brachten immer auch vorübergehende Veränderungen des Klimas mit sich. Doch signifikant ist die mit hoher Wahrscheinlichkeit menschengemachte globale Erwärmung, die nach wissenschaftlichen Erkenntnissen auf die deutlich erhöhte Emission von Treibhausgasen (u. a. CO2) seit ca. 1880 zurückzuführen ist. Durch die anthropogene Emission von Treibhausgasen erwärmt sich die Erdoberfläche heute zusätzlich und zwar mit fatalen Folgen, wie dem Schmelzen der Polarkappen und einem beschleunigten Anstieg des Meeresspiegels. Daraus resultieren eine zunehmende Zahl von Naturkatastrophen und Extremwetterereignissen.

Eine Hauptursache für diese Entwicklungen ist der hohe Energiebedarf, der aktuell vor allem durch die Verbrennung von Kohle und Erdgas gedeckt wird und eine große Menge CO2 freisetzt. Alternative Energiequellen sind seit vielen Jahren im Gespräch und werden erforscht. So hat die Bundesregierung im Juni 2020 beispielsweise eine nationale Wasserstoffstrategie beschlossen. Danach soll in Deutschland bis 2030 eine Elektrolyseleistung von fünf Gigawatt entstehen. Auf europäischer Ebene veröffentlichte die Kommission der Europäischen Union im Juli 2020 die „Wasserstoffstrategie für ein klimaneutrales Europa“ zur Verwirklichung des sogenannten EU Green Deal. Bis 2030 ist die Installation von Elektrolyseuren für erneuerbaren Wasserstoff mit einer Leistung von mindestens 40 Gigawatt geplant.

Die aktuelle Energiekrise dürfte die Entwicklung hin zur Energiewende weiter vorantreiben, doch dazu braucht es nicht zuletzt auch ausreichend Akteure aus der Industrie, die sich an der Umsetzung beteiligen können.

Hintergrund: Wasserstoff als grüner Energieträger

Grundsätzlich ist Wasserstoff C02-neutral. Doch um Wasserstoff zu gewinnen, braucht es zunächst Energie. Würde die Energie von C02-Riesen wie Erdgas oder Kohle stammen, wäre die Entwicklung kontraproduktiv, da für die Herstellung von Wasserstoff CO2 freigesetzt werden müsste.

Im Zusammenhang mit der Energiewende hat Wasserstoff zunächst aber den großen Vorteil, speicherbar zu sein. Deshalb stellt Wasserstoff immer eine bessere Lösung dar, als wir sie derzeit nutzen. Insbesondere im Hinblick auf aktuelle Versorgungsunsicherheiten gewinnt er an Bedeutung. In diesem Fall spricht man von blauem Wasserstoff. Dieser ist zwar nicht vollständig klimaneutral, bietet aber realistisch betrachtet eine Übergangslösung auf dem Weg zur Energiewende. Der Kreis schließt sich jedoch erst vollständig beim grünen Wasserstoff, der mithilfe von erneuerbaren Energien wie zum Beispiel Windkraft oder Photovoltaik produziert wird. Bei Wind- und Sonnenflauten kann so mittels grünen Wasserstoffs dennoch klimaneutrale Energie zur Verfügung gestellt werden.

Welche Unternehmen sind am Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft beteiligt?

So vielseitig die Berührungspunkte mit Wasserstoff sind, so vielseitig sind auch die an der Entwicklung beteiligten Unternehmen. Neben den reinen Herstellern – den Elektrolyseurbetreibern[1] – spielen Zulieferer für grünen Strom aus dem Windkraft- oder Photovoltaikbereich eine unverzichtbare Rolle. Aber auch Unternehmen, die für Speicherung und Transport verantwortlich sind, tragen wichtige Teile bei. Netzbetreiber sorgen mit ihren Pipelines beispielsweise dafür, dass der Wasserstoff dorthin gelangt, wo er benötigt wird. Dafür sollen bis 2030 immerhin 5.100 km und bis 2050 13.300 km Wasserstoffpipelines in Deutschland und insgesamt 28.000 km im europäischen Verbund gelegt werden – sie verlaufen zentral durch Deutschland. Unter anderem übernehmen Kavernenbetreiber die Speicherung – zum Beispiel wird Wasserstoff in unterirdischen Kavernen eingelagert. Nicht zuletzt hat aber auch die Nachfrage Berechtigung. Denn die Anwender selbst sind als Auftraggeber und Abnehmer an der Entwicklung von Wasserstoff ebenso maßgeblich beteiligt. Wasserstoffinfrastrukturprojekte sind auf Sektorenkopplung ausgerichtet. Zu den wichtigsten Wasserstoffkunden gehören daher unter anderem die Zement- und chemische Industrie, die den Wasserstoff benötigt, um Produkte unseres Alltages herzustellen; die Stahlindustrie, die Wasserstoff zur Stahlherstellung nutzt; sowie die Automobil- und Flugzeugindustrie. Und natürlich auch die Stadtwerke, die Strom und Fernwärme zur Verfügung stellen. Das Zusammenspiel der Vielzahl der Akteure wirft Fragen der richtigen Kooperationsvereinbarung und Risikoverteilung auf, was häufig entscheidend für den Erfolg des Gesamtprojekts ist.

Risiken sind breitgefächert und teils Neuland

Eine große Hürde auf dem Weg zu einer Wasserstoffwirtschaft bilden wie so häufig die Risiken. Und diese sind bei der Vielzahl unterschiedlichster Akteure nicht nur äußerst vielseitig, sondern zum Teil auch vollkommen neuartig. Denn praktische Erfahrungswerte über grünen Wasserstoff als Energieträger im gesamten Energiekreislauf gibt es, wenn überhaupt, nur rudimentär. Wie können Risiken im Zusammenhang mit Wasserstoff also berechnet werden und wie lassen sich Projekte in diesem Bereich überhaupt versichern?

Eine Mammutaufgabe, der sich ein erfahrenes Team von Aon seit einiger Zeit mit großem Enthusiasmus widmet. Seitdem konnte Aon bereits spannende und beeindruckende Projekte in unterschiedlichsten Größenordnungen mit ganzheitlichen und innovativen Lösungen begleiten. Die Experten bringen viel Erfahrung aus dem Energiebereich mit, kennen die Risikolandschaft und wissen, worauf zu achten ist. So ist etwa bekannt, dass Wasserstoff bei sehr hohen Temperaturen verbrennt und dazu neigt, Materialien wie Stahl zu verspröden. Beschaffenheiten, die für alle Anlagen und Bauteile zu bedenken sind. Kavernen werden daher beispielsweise sowohl im Vorfeld einer Versicherungslösung als auch regelmäßig während des laufenden Projekts von Geologen und Risiko-Ingenieuren vor Ort begutachtet und – im Fall von ehemaligen Erdgaskavernen – auf Verunreinigungen überprüft. Unter anderem auf Basis der technischen Reife berechnen die Ingenieure im Anschluss die Risiken – jedoch immer unter Berücksichtigung der neuen Risikosituation und der hohen Dynamik. So müssen sie auf das Gelernte und die Erfahrung immer weiter aufbauen und sich im ständigen Austausch weiterentwickeln.

Von A bis Z: Aon entwickelt umfassende Lösung für Elektrolyseprojekte

Eindrucksvolle Beispiele für das Management der zahlreichen miteinander verzahnten Risiken bieten Elektrolyseur-Projekte. So werden in der ersten Phase die Elektrolyse-Wasserstoffanlagen in der Nähe von größeren Industriezentren gebaut um Wasserstoff direkt vor Ort an die Unternehmen zu liefern. Das erspart die Transportkosten und bietet Kapazitäten für mehrere Unternehmen. Zu berücksichtigende Risiken liegen hier bei der technischen Reife der Anlagen, den Materialanforderungen und dem Brand- sowie Explosionsschutz. Der Neubau von Elektrolyse-Wasserstoffanlagen ist immer ein herausforderndes Projekt, mit vielen Beteiligten und einer möglicherweise langen Laufzeit, welche eine umfassende Versicherungslösung für alle drei Phasen eines Projektes erfordert. Generell lässt der Eingriff in bzw. die Veränderung bestehender Anlagen Projekte oftmals deutlich komplexer und insgesamt schwerer planbar werden (sog. „Brownfield Topics“). In der Planungsphase sind oftmals hohe bürokratische Hürden zu überwinden und – vor allem aufgrund sich stetig ändernder rechtlicher Rahmenbedingungen und einer fehlenden Verwaltungspraxis sowie gefestigten Rechtsprechung – genehmigungsrechtliche Risiken im Blick zu behalten. Häufig sind Wasserstoffprojekte von Subventionsentscheiden abhängig, die auf unterschiedlichen Ebenen (national und europäisch) getroffen werden. Hier „mahlen die Mühlen“ mitunter sehr langsam, was weitere Unsicherheiten in das Projekt trägt.

In der zweiten Projektphase, der Errichtungsphase, bestehen weitere Besonderheiten: Der Bau großer Anlagen erfordert häufig eine Montage in mehreren Abschnitten. So kann es sein, dass ein Abschnitt schon abgenommen wurde und die Arbeiten an einem anderen Teilabschnitt noch im vollen Gange sind oder gerade erst begonnen haben. Häufig ist eine Vielzahl unterschiedlicher Leistungserbringer beteiligt, deren Arbeitsaufnahme oder -fortführung von der Fertigstellung anderer Leistungsteile abhängig ist. Diesen Schnittstellenrisiken muss begegnet werden. Daher ist es wichtig, solche Besonderheiten in der vertraglichen Ausgestaltung und der Versicherungslösung zu berücksichtigen.

Nach Errichtung der Anlage folgt die Betriebsphase. Aufgrund des mit dem Medium Wasserstoff verbundenen Risikopotentials und der insoweit in Bezug auf Großprojekte bislang fehlenden praktischen Erfahrung benötigen Wasserstoffvorhaben hier entsprechend ausgerichtete Lösungsansätze. Neben denkbaren Unfällen sind etwa mögliche Lieferschwierigkeiten sowie Qualitäts- und sonstige Kostenrisiken zu berücksichtigen (z. B. aufgrund verspäteter Fertigstellung oder unvorhergesehener Betriebs- und/oder Wartungskosten). Daneben gilt es auch in der Betriebsphase, bei sich stetig ändernden Regelungen zwingende Vorgaben zu kennen und zu beachten. Für die Versicherung von fertiggestellten Teilen der Gesamtanlage, die bereits in Betrieb gehen, gibt es verschiedene Lösungen.

Bei allen skizzierten Lösungen wird in der Regel ein Konsortium von Versicherern herangezogen. Dabei suchen die Aon-Experten für das auf Basis der individuellen Risikobewertung aufgebaute Versicherungskonzept auf dem deutschen und dem internationalen Versicherungsmarkt nach geeigneten Versicherern.

Aon begleitet Unternehmen im klimafreundlichen Transformationsprozess

Mit einer intensiven Beratung helfen die Aon-Experten Kunden, die richtigen Entscheidungen zu treffen und die Risiken der Transformation zu erkennen. Ziel ist es, die Risiken aller beteiligten Unternehmen auf dem Weg in eine CO2-neutrale Wirtschaft zu beherrschen. Darüber hinaus arbeitet das Aon-Team eng mit Juristen zusammen, die rechtliche Fragen klären und Weichen für Zulassungen, beispielsweise auch mit Blick auf nicht versicherbare Risiken, stellen. Ein Partner ist die auf Anlagenbau und Infrastrukturprojekte spezialisierte Kanzlei COMINDIS.


[1] Elektrolyseure sind Anlagen, die mithilfe von Strom eine chemische Reaktion auslösen und Wasserstoff produzieren.

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