Die Digitalisierung schafft mehr Vertriebschancen für Banken und Versicherer

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Das Thema Bancassurance, also der Vertrieb von Versicherungsprodukten durch Banken, hat in den letzten Jahren in Deutschland ein wahres Revival gefeiert. Für eine lange Zeit stand das Vertriebsmodell hierzulande weitaus weniger im Fokus als in unseren unmittelbaren Nachbarländern wie Italien oder Frankreich. In diesen Ländern ist Bancassurance seit Langem der wichtigste Vertriebskanal für Lebensversicherungen und einer der am schnellsten wachsenden Kanäle für Nicht-Lebens- und KMU-Versicherungen.

Einer der Gründe, warum das Thema nun auch mehr Fahrt in Deutschland aufnimmt: Die Digitalisierung bietet auch dem Bankenvertrieb neue Möglichkeiten. Während in der Vergangenheit der Vertrieb von Versicherungsprodukten in Banken hauptsächlich durch manuelle Prozesse geprägt war, gewinnen heutzutage digitale Infrastrukturen immer mehr an Bedeutung. Fintechs, Insuretechs und innovative Bancassurance-Partnerschaften haben hier den Weg bereitet und für Aufmerksamkeit gesorgt. Diese neuartigen Lösungen ermöglichen es Banken und Versicherern zunehmend mit effektiven Ansätzen und gewinnbringenden Modellen neue Potenziale auszuschöpfen.

Die ersten Resultate sind vielversprechend. Die Bedeutung von Banken als Vertriebskanal für Lebensversicherungen ist in den letzten Jahren gestiegen.. Gleichzeitig hinkt Deutschland anderen Ländern jedoch immer noch weit hinterher, wenn es um die Bedeutung von Bancassurance, vor allem im Bereich der Nicht-Lebensversicherungen, geht.

Digitalisierung ist mehr als eine hübsche Verkaufsstrecke

Bei aller Euphorie, welche neue digitale Anbieter, Lösungen und Bancassurance-Partnerschaften im Markt hervorrufen, ist es wichtig, das Thema Digitalisierung in seiner Ganzheit zu betrachten. Digitale Bancassurance-Lösungen beschränken sich nicht auf einfache Onlinestrecken, die es Kunden ermöglichen, Versicherungsprodukte über die Banking-App oder das Onlinebanking zu kaufen, auch wenn diese verständlicherweise die sichtbarsten und marketingwirksamsten Elemente darstellen.

Der Vertrieb von Versicherungsprodukten über Banken hat mehrere Ebenen. Auf der einen Seite steht der beratende Verkauf von Produkten durch Mitarbeitende von Banken oder Versicherern. Dieser ist vor allem wichtig, wenn es um komplexere Produkte wie Lebensversicherungen oder Altersvorsorge geht. Ein Großteil der Prämien, welche über den Bankenvertrieb laufen, fällt in diese Kategorie.

Auf der anderen Seite steht der direkte Vertrieb, also der selbstgeführte Verkauf über digitale Verkaufsstrecken. Dieser beschränkt sich oft auf einfachere und standardisierte Produkte wie Reiseversicherungen oder Hausrat- und Wohngebäudeversicherungen. Aber auch komplexere Produkte werden zunehmend über digitale Strecken angeboten. Der direkte, digitale Vertrieb gewinnt also insgesamt immer mehr an Bedeutung, stellt aber mit Blick auf das Prämienvolumen immer noch einen kleinen Prozentsatz dar.

Um beide dieser Vertriebswege miteinander in Einklang zu bringen und damit hybride und flexible Modelle anbieten zu können, ist es wichtig, dass Banken und Versicherer sich nicht nur auf die sichtbaren Vertriebselemente (z. B. digitale Antragsstrecken) konzentrieren, sondern solide, harmonisierte und flexible digitale Grundlagen schaffen, mit der die verschiedenen Vertriebsstränge harmonisiert werden können.

Digitale Flexibilität als Erfolgskriterium für Banken und Versicherer

Langjährige Erfahrungen im Bereich Bancassurance und Gespräche mit Marktteilnehmern haben gezeigt, dass viele Vertriebsmodelle in Deutschland, aber auch in anderen Ländern, im Bereich der Digitalisierung häufig noch immer eine fragmentierte und unflexible Struktur aufweisen, die sich negativ auf den Erfolg von Bancassurance-Partnerschaften auswirken kann. Darüber hinaus sind viele der angebotenen digitalen Lösungen sehr produktspezifisch, sodass eine einheitliche Vertriebsstrategie nur schwer umsetzbar ist. In der Praxis bedeutet dies, dass Bancassurance-Modelle nach wie vor zu stark von digitalen Limitierungen geprägt sind. Digitale Prozesse scheinen häufig nicht der digitalen Vertriebsstrategie zu folgen, während stattdessen viel mehr die digitale Strategie durch die verfügbaren digitalen Prozesse bestimmt und limitiert wird.

Es ist davon auszugehen, dass das Erfolgsrezept eines modernen digitalen Bancassurance-Modells in einer flexiblen Struktur liegt, welche es Banken und Versicherern ermöglicht, Produkte harmonisiert über unterschiedliche Vertriebswege anzubieten – sei es über persönliche Beratung in der Filiale und Videoberatung oder über rein digitale Strecken wie Banking-Apps. Des Weiteren müssen diese Vertriebswege so verknüpft sein, dass jederzeit innerhalb des Verkaufsprozesses der Vertriebskanal gewechselt werden kann, ohne, dass dies einen Einfluss auf die positive Verkaufserfahrung des Kunden oder des Beraters hat.

Konkret erfordert ein solches flexibles Modell, eine einheitliche digitale Infrastruktur zu schaffen, die zentralisiert alle Produkte vom Angebot über den Verkauf bis hin zu Nachverkaufsaktivitäten einheitlich verwalten kann und diese Prozesse über alle Vertriebswege hinweg harmonisiert. Das heißt: Bankberater, die Produkte in der Filiale an Kunden verkaufen, nutzen die gleiche digitale Infrastruktur wie ihre Endkunden, die ein Produkt über die Banking-App kaufen. Die Verkaufsstrecken mögen anderes aussehen, aber –und das ist der entscheidende Punkt – sie laufen alle über die gleiche Infrastruktur.

Harmonisierte digitale Prozesse für das Bancassurance-Modell des 21. Jahrhunderts

Um ein solches flexibles Vertriebsmodell zu entwickeln, bedarf es einer Reihe von Voraussetzungen. Zum einen müssen digitale Plattformen einheitlich in die Systeme der Banken und Versicherer integriert werden. Und auch die Daten, welche Banken und Versicherern zur Verfügung stehen, müssen dann einheitlich für Produktempfehlungen, Verkaufsstrecken und die Policen-Verwaltung genutzt werden. Des Weiteren gilt es, digitale Prozesse zu harmonisieren, sodass diese sich so wenig wie möglich zwischen Produkten und Versicherern unterscheiden. Auf diese Weise wird es sowohl Beratern als auch den Kunden so einfach wie möglich gemacht, Produkte zu verkaufen bzw. zu kaufen. Dieser Ansatz hilft Banken darüber hinaus, ihren Kunden mehrere Produkte anzubieten, d. h. den weiteren Bedarf an Produkten eines Kunden leichter zu identifizieren und ihm diese Produkte auch sofort anbieten zu können.

Aufbauend auf der harmonisierten digitalen Infrastruktur und den harmonisierten Prozessen können Banken nicht nur eine digitale Vertriebsstrategie entwickeln, die flexibel an Kundenbedürfnisse und Kundenpräferenzen angepasst werden kann. Sie profitieren auch von dem Zugang zu einheitlichen Daten und einem harmonisierten Management von Informationen in Echtzeit, welche für die aktive Steuerung von Verkaufskampagnen, Mitarbeiteranreizen und Optimierungen genutzt werden können. Darüber hinaus ermöglicht die digitale Harmonisierung, neue Produkte schneller in die Vertriebswege zu integrieren und so die Zeit zwischen Produktidee und Produkteinführung deutlich zu verkürzen.

Aon unterstützt Banken und Versicherer beim Ausbau ihrer digitalen Vertriebsaktivitäten

Das Wachstumspotenzial von Bancassurance in Deutschland ist gewaltig. Die spezialisierten Aon-Experten gehen davon aus, dass Deutschland in den nächsten Jahren der am schnellsten wachsende Markt für den Vertrieb von Versicherungen durch Banken in Europa sein wird. Markteilnehmer sollten deshalb jetzt handeln und eine digitale Infrastruktur schaffen, um dieses Wachstumspotenzial voll zu nutzten. Gerade in Zeiten zunehmender Volatilität in den Märkten stellt dies eine große Chance für Banken dar, um die Vertriebsaktivitäten zu stärken und auf technisch solide und zukunftsfähige Beine zu stellen. Das Aon-Team unterstützt Banken und Versicherer gerne mit seiner Expertise und den digitalen Plattformlösungen.

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Ansprechpartner

Helmut Olfert
Director Sales Affinity | DACH | Aon

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