Hier schreiben regelmäßig Aon Expertinnen und Experten zu aktuellen Entwicklungen in den Themenfeldern Risk Capital und Human Capital. Mit diesen Informationen und Erkenntnissen können Führungskräfte bessere Entscheidungen für ihr Unternehmen treffen.

Asbestgesetzgebung: Neue Pflichten und Grenzwerte in der EU-Richtlinie und deutsche Gefahrstoffverordnung
Was Unternehmen jetzt wissen und tun sollten
Zwischen Dezember 2023 und Februar 2025 hat sich die Rechtslage zum Umgang mit Asbest grundlegend verändert – auf europäischer wie nationaler Ebene. Die überarbeitete EU-Asbestrichtlinie 2009/148/EG (geändert durch Richtlinie (EU) 2023/2668) wurde am 30. November 2023 veröffentlicht und muss bis spätestens 21. Dezember 2025 in nationales Recht umgesetzt werden. Parallel dazu trat am 4. Dezember 2024 die novellierte deutsche Gefahrstoffverordnung in Kraft (BGBl. Nr. 384), flankiert von einer aktualisierten TRGS 519 im Februar 2025.
Aon hat frühzeitig auf die regulatorischen Änderungen reagiert und im Rahmen des „Hamburger Umweltkreises“ Informationsveranstaltungen für Kunden und Interessierte durchgeführt.
Neue Informationspflichten: § 5a GefStoffV
Ein zentrales Element der neuen Verordnung ist der neu eingeführte § 5a, der „Veranlasser“ – also z. B. Eigentümer oder Betreiber von Gebäuden – verpflichtet, vor Beginn von Tätigkeiten an baulichen oder technischen Anlagen Informationen zur Bau- und Nutzungsgeschichte sowie zum Baujahr bereitzustellen. Diese Angaben müssen schriftlich oder elektronisch an die ausführenden Unternehmen übermittelt werden – insbesondere bei Verdacht auf asbesthaltige Materialien.
Fehlen diese Informationen, liegt die Pflicht zur Gefährdungsbeurteilung beim Ausführenden (§ 6 Abs. 2a–2c GefStoffV). Verfügt dieser nicht über die nötige Fachkunde, muss externer Sachverstand hinzugezogen werden – eine Leistung, die dem Veranlasser in Rechnung gestellt werden kann.
Verboten oder erlaubt? Neue Klarheit bei Tätigkeiten
§ 11 der Gefahrstoffverordnung regelt nun differenzierter, welche Tätigkeiten an asbesthaltigen Materialien zulässig sind. Während Inspektion und Wartung unter bestimmten Bedingungen erlaubt sind, bleiben Instandsetzungen verboten. Besonders relevant für die Praxis: Arbeiten an Asbestzementdächern – etwa zur Montage von PV-Anlagen – sind untersagt, ebenso wie Eingriffe in asbesthaltige Bodenbeläge oder Fassadenverkleidungen.
EU-Richtlinie: Fokus Asbest entfernen und genauer messen
Die EU-Richtlinie setzt neue Maßstäbe: Asbest muss künftig grundsätzlich vor allen anderen Maßnahmen entfernt werden (Art. 3 Abs. 2). Zudem wird die Luftkonzentration von Asbestfasern am Arbeitsplatz künftig regelmäßig während „spezieller Betriebsphasen“ gemessen – mit Fokus auf die persönliche Exposition der Beschäftigten (Art. 7).
Der Grenzwert wird in zwei Stufen verschärft:
- Bis 20. Dezember 2029: max. 0,01 Fasern/cm³ (10.000 Fasern/m³)
- Ab 21. Dezember 2029: max. 0,002 Fasern/cm³ – oder alternativ 0,01 Fasern/cm³, wenn auch Fasern < 0,2 µm Breite berücksichtigt werden
Letzteres erfordert neue Messtechniken wie Elektronenmikroskopie, da herkömmliche Lichtmikroskope diese Fasern nicht erfassen können.
Was Unternehmen jetzt tun sollten
Auch wenn Unternehmen bei ASI-Arbeiten (Abbruch, Sanierung, Instandhaltung) nur begrenzte Informationspflichten gegenüber Dritten haben, bleiben ihre Pflichten gegenüber eigenen Mitarbeitenden bestehen. Wichtig ist:
- Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung nach § 6 GefStoffV
- Kategorisierung von Gebäuden nach Baujahr (vor 1993, Asbest-Verbot in Deutschland), 1993–2005, nach 2005 (Asbest Verbot in der EU)
- Identifikation potenziell asbesthaltiger Anlagenteile
- Ermittlung typischer Tätigkeiten mit Freisetzungsrisiko (z. B. bei Erschütterung, Luftbewegung, thermischer Belastung)
- Schulung und PSA-Ausstattung betroffener Mitarbeitender
- Durchführung von ASI-Arbeiten ausschließlich durch zertifizierte Fachfirmen nach TRGS 519
- Einplanung von Zeit und Budget für Probenahmen und Laboranalysen
Unterstützung durch Aon
Innerhalb der Aon Green Services der Abteilung Risk Control & Engineering ist Dipl. Ing. Martina Dinnis Sachkundige nach TRGS 519 (Anlage 3, großer Asbestschein) und unterstützt Sie gern bei Fragen rund um das Thema Asbest oder weitere Fragen zu Themen aus Umweltmanagement und Umwelttechnik.
Wenn Sie in den E-Mailverteiler des Hamburger Umweltkreises aufgenommen werden möchten, schreiben Sie uns gerne.g.