Heute hier, morgen dort Der Übergang in den Ruhestand und was Arbeitnehmer:innen von ihren Unternehmen erwarten

Lesezeit: 5 Minuten

Was wünschen sich Arbeitnehmer:innen in Deutschland in Bezug auf ihren Ruhestand? Eine Frage, die insbesondere in Zeiten des Fachkräftemangels an Relevanz gewinnt. Der Arbeitsmarkt befindet sich in einem nie dagewesenen „War for Talents“. Ein Wettkampf um Fachkräfte, der sich mit der Pensionierung der Baby Boomer in den kommenden Jahren noch verschärfen dürfte. Unternehmen, die in diesem Wettstreit bestehen wollen, müssen sich jetzt überlegen, wie sie ihre Fachkräfte möglichst lange im Berufsleben halten können und sich gleichzeitig attraktiver für junge Talente aufstellen. Eine gute Möglichkeit bieten Benefits, die auf Themen rund um den Ruhestand abzielen. So sind finanzielle und gesundheitliche Vorsorge sowie flexible Arbeitsmodelle heute bei Jung und Alt beliebt.

Eine im Juli 2023 durchgeführte repräsentative Studie von Aon widmete sich genau dieser Thematik und befragte 1.050 sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer:innen im Alter von 18 bis 55 Jahren, wie sie sich eine angemessene Gestaltung der Phase vor und nach dem Ruhestand vorstellen. Die wichtigsten Erkenntnisse im Überblick.

Großteil ist sich einig:
Je früher der Ruhestand, desto besser

Bereits seit einiger Zeit ein heiß diskutiertes Thema in der Politik ist die Anhebung des Rentenalters. Ein Kurs, der in der breiten Bevölkerung jedoch auf wenig Anklang stößt. Die Mehrheit der Arbeitnehmer:innen in Deutschland möchte nicht bis zur Altersgrenze von 67 Jahren oder darüber hinaus arbeiten und stattdessen lieber bereits vor dem 63. Lebensjahr mit dem Ruhestand beginnen. Gerade einmal 4 Prozent der Frauen und 6 Prozent der Männer würden bis zur gesetzlichen Regelaltersgrenze arbeiten, nur jeweils 3 Prozent darüber hinaus. Interessant: Mit steigendem Einkommen wächst auch die Bereitschaft, länger am Berufsleben teilzunehmen. Ab einem Bruttoeinkommen von über 7.000 Euro im Monat würden 12 Prozent der Befragten sogar später als mit 67 Jahren in Rente gehen wollen. Auch ist die Bereitschaft für einen späteren Ruhestand in mittelgroßen Unternehmen am größten.

Mit Blick auf die unterschiedlichen Berufsfelder haben insbesondere die Branchen IT & Telekommunikation, Information & Kommunikation sowie das Baugewerbe die Nase vorn, wenn es darum geht, Arbeitnehmer:innen möglichst lange im Berufsleben zu halten. 

„Aus Mitarbeitersicht ist ein attraktiver Arbeitgeber derjenige, der seiner Belegschaft die entsprechenden Rahmenbedingungen bietet, die einen früheren Renteneintritt ermöglichen. Auf der anderen Seite kann es aus Unternehmenssicht erforderlich sein, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, wie es gelingt, Mitarbeiter:innen, deren Expertise weiterhin dringend benötigt wird, auch im Alter im Unternehmen zu halten. Hierzu bedarf es attraktiver Modelle und intelligenter Lösungen zur Incentivierung der älteren Angestellten.“

Angelika Brandl, Partner bei Aon

Gesundheit und Einkommen entscheiden über den Rentenbeginn

Eine weitere wichtige Erkenntnis der Studie zeigt, dass vor allem die Gesundheit und das Einkommen entscheidende Faktoren dafür sind, wann Arbeitnehmer:innen sich in den Ruhestand verabschieden möchten. Unternehmen können dieses Wissen für sich nutzen und eine längere Lebensarbeitszeit mit unterschiedlichen Gestaltungsmöglichkeiten attraktiver machen. Dazu gehören beispielsweise die betriebliche Gesundheitsförderung oder Angebote zur betrieblichen Krankenversicherung. Beides gewinnt vor allem bei derzeit noch jüngeren Arbeitnehmer:innen an Bedeutung. Da die Höhe der Einkünfte bei Rentenbeginn für Frauen eine noch wichtigere Rolle spielt, können außerdem differenzierte Angebote zur finanziellen Absicherung im Ruhestand sinnvoll sein.

Die Faktoren veranschaulichen deutlich, wie wichtig es den Arbeitnehmer:innen in Deutschland ist, den Ruhestand sorgenfrei zu verbringen. Die meisten sind dafür bereit, in eine private oder betriebliche Altersvorsorge zu investieren. Beinahe Dreiviertel der Arbeitnehmer:innen sorgen schon zusätzlich zur gesetzlichen Rente vor oder planen, dies zu tun. Unternehmen, die Möglichkeiten zur betrieblichen Altersversorgung (bAV) und dazugehörige Zuschüsse anbieten, können hier profitieren und an Attraktivität gewinnen. Immerhin für 90 Prozent der Arbeitnehmer:innen ist ein Arbeitgeberzuschuss zur Altersvorsorge von großer Bedeutung. Bei der bevorzugten Auszahlungsform von Leistungen aus der bAV geht Sicherheit vor: eine lebenslange Rente wird von der Mehrheit favorisiert.

Wichtig: Die besten Angebote bringen nichts, wenn sie nicht bekannt sind. Eine transparente Kommunikation, digitale Informationsangebote und ein einfacher Zugang sind das A und O und sollten idealerweise bereits im Onboarding integriert sein.

Anreize setzen: Flexibler Übergang bietet guten Kompromiss

Eine vielversprechende Chance, das Potenzial älterer Mitarbeiter:innen noch möglichst lange zu nutzen, stellen gleitende Übergänge in den Ruhestand dar. Denn: Die Mehrheit der Arbeitnehmer:innen (67 Prozent der Frauen und 69 Prozent der Männer) wünscht sich einen solchen gleitenden Übergang in den Ruhestand mit einer stufenweise Reduzierung der Arbeitszeit oder einem veränderten Aufgabenfeld. Weniger Stress, weniger körperliche Belastung, weniger Arbeitszeit, mehr Flexibilität aber auch die Weitergabe von Erfahrungen sind die Punkte, die Arbeitnehmer:innen für die ruhestandsnahe Lebensphase besonders wichtig sind.

„Mit gezielten Angeboten im Rahmen des Wellbeings lassen sich Erfahrung und Wissen im Unternehmen halten. Zeitgleich werden die Mitarbeitenden dabei unterstützt, sich eine sichere finanzielle Basis aufzubauen. Mögliche Benefits sind beispielsweise Zuschüsse zur betrieblichen Altersversorgung, die stufenweise Reduzierung der Arbeitszeit, der Bezug einer gesetzlichen Rente bei gleichzeitiger Weiterarbeit in Teilzeit sowie die Einrichtung von altersgerechten Arbeitsplätzen für ältere Mitarbeiter:innen. Auch die Ausübung weiterhin verantwortungsvoller Tätigkeiten und die Weitergabe von Expertise an Jüngere können mit der damit verbundenen Wertschätzung Anreize liefern, noch länger zu arbeiten.“

Stephanie Zelosko, Senior Consultant bei Aon

Weitere Informationen und den vollständigen Report finden Sie hier.

Beitrag teilen

Kontakt aufnehmen

Angelika Brandl
Aktuarin (DAV / IVS) | Partner Wealth Solutions | Aon
+49 89 52305 4785

Stephanie Zelosko
Senior Consultant – Actuarial Services Aktuarin DAV / IVS
+49 611 17208 6820

Kommentar verfassen

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

8 + 19 =