Warentransportversicherung: Das individuelle Risiko im Fokus

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Die Lage bzw. das Verhalten der Versicherer in der Warentransportversicherung ist ambivalent. Es besteht unter den Versicherern keine Einigkeit darüber, ob die Sparte bereits ausreichend saniert wurde, weitere Prämienerhöhungen notwendig oder ggf. bereits Prämiensenkungen möglich sind. Gleiches gilt auch für die individuelle Einschätzung ggf. weiterer Handlungsnotwendigkeiten im Hinblick auf politische Entwicklungen und Inflation.

Marktsituation

Die Transportversicherer melden über den GDV eine Schadenquote von 78 % für das Jahr 2022. Auf den ersten Blick ergibt sich eine deutliche Verschlechterung gegenüber 2021 (67 %) und 2020 (65 %). Aber: Die Schadenquote ist massiv beeinflusst durch den Großschaden „Felicity Ace“ (Untergang eines Autotransporters im Atlantik), der mit einer gemeldeten Schadensumme von 135 Mio. Euro etwa 20 % des Gesamt-Schadenaufwands des Jahres 2022 ausmacht. Zudem erreichen die Prämieneinnahmen des Jahres 2022 mit 820 Mio. Euro den höchsten Stand seit 10 Jahren. 

Eine Auswirkung dieser Verschlechterung der Schadenquote auf alle Käufer von Warentransportversicherung ist objektiv nicht gerechtfertigt und entsprechend nicht zu erwarten! 

Ausblick 

Der Markt entwickelt sich seitwärts; die Bewertung des individuellen Kundenrisikos wird wieder entscheidender. Nach Einführung von Cyber-, Blackout- und Pandemieklauseln, dem weitgehenden Ausschluss der Länderrisiken Russland, Ukraine und Weißrussland und der Verschärfung der Abfrage von Sanktionsthemen tritt das jeweilige Risiko des Kunden wieder deutlich in den Vordergrund. Eine Erhöhung der traditionell niedrigen Selbstbehalte steht im Fokus der Kunden – den Versicherern fällt es allerdings weiterhin schwer, die Eigentragung der Kunden angemessen bei ihren Angeboten zu berücksichtigen.

Die Notwendigkeit zur Bereitstellung höherer Versicherungssummen führt dazu, dass nun auch in der Warenversicherung Layer-Deckungen nachgefragt und internationale Erst- und Rückversicherungsmärkte stärker eingebunden werden. 

Markttrends 

Es kommt Bewegung in die Versicherer-Landschaft: Ein Versicherer ist bereits Ende 2022 neu im Markt aktiv, ein weiterer Versicherer plant dies zum Jahresende 2023. 

Internationale Diskussionen um die Einführung einer „5 Powers War Clause“ in alle Verträge werden derzeit nur von wenigen Marktteilnehmern forciert.1 Eine obligatorische Umsetzung erfolgt zumindest bei unterjährigen Fälligkeiten derzeit nicht. 

In Summe ist zu beobachten, dass internationale Entwicklungen sehr viel größere und schnellere Auswirkungen auf den deutschen Versicherungsmarkt haben als noch vor wenigen Jahren. Dies ist eine deutliche Auswirkung zunehmend zentraler (europäischer) statt nationaler (deutscher) Steuerung der Zeichnungspolitik der Versicherer. 

Vereinzelt werden von den Versicherern ESG-Kriterien für eine Risikobewertung herangezogen. Es ist zu erwarten, dass diesen bei zukünftigen Verlängerungen eine immer größere Bedeutung zukommt.


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Markus Nelsen
Spartenleiter Transport | German Broking Center | Aon

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