Hier schreiben regelmäßig Aon Expertinnen und Experten zu aktuellen Entwicklungen in den Themenfeldern Risiko, Kapital und Human Resources. Mit diesen Informationen und Erkenntnissen können Führungskräfte bessere Entscheidungen für ihr Unternehmen treffen.
K&R Versicherung: „In Mexiko wird alle zwei Stunden ein Mensch entführt“
Niemand denkt gerne an die erschreckende Möglichkeit einer Entführung. Dennoch existiert ein spezielles Produkt, das Reisenden genau hierbei Schutz bieten soll – die Kidnap and Ransom (K&R) Versicherung; diese ist gerade in Zeiten zunehmender Unruhen und politischer Instabilität wichtig. Ein Grund für Versicherungsbote, bei Peter Bensmann nachzufragen – Director Sales Specialties bei Aon Germany.
Was genau versteht man unter einer Kidnap and Ransom (K&R) Versicherung und wer benötigt sie?
Peter Bensmann: Wörtlich übersetzt bedeutet K&R Kidnap & Ransom, also Entführung und Lösegeldversicherung. Eine K&R Versicherung sorgt in den Krisenfällen „Entführung“, „Erpressung“ und „Freiheitsberaubung“ für finanzielle Unabhängigkeit. Der Versicherungsschutz ist sehr umfangreich und ähnelt einer „All Risk Deckung“. Überwiegend werden diese Deckungen von Unternehmen – unabhängig von Größe oder Branche – gekauft, die Mitarbeitende ins Ausland entsenden. Die Deckung wird darüber hinaus auch von vermögenden und in der Öffentlichkeit stehenden Personen erworben.
Welche Leistungen sind typischerweise in einer K&R Versicherung enthalten und wie unterscheiden sich die Angebote der verschiedenen Anbieter?
Peter Bensmann: Die Leistungen aus einer K&R Versicherung sind sehr vielschichtig und umfassen die Bereitstellung des Lösegeldes sowie alle Kosten, die im Rahmen eines erpresserischen Menschenraubes (Entführung), einer Erpressung oder einer Freiheitsberaubung entstehen. Sehr wichtig ist dabei auch sowohl das präventive Krisenmanagement, also die Vorbereitung auf solche Krisen, als auch das Krisenmanagement im Schadenfall mit einer weltweit 24/7 nutzbaren Krisenhotline, das in der Prämie enthalten sein sollte.
Die Policen der Anbieter sind sehr unterschiedlich, alle besonderen Bedingungen hier aufzuführen, wäre zu umfangreich. Aon hat ein selbst entwickeltes und abgestimmtes Wording, welches einen sehr umfangreichen Versicherungsschutz bietet.
Wie wird das Risiko für Entführungen und Erpressungen in verschiedenen Regionen der Welt bewertet und wie wirkt sich das auf die Prämien aus?
Peter Bensmann: Jedes Land der Erde hat unterschiedliche Risikofaktoren, die Einfluss auf die Prämie einer K&R Deckung haben. Auch sind zum Beispiel die Frequenz und Dauer der Reisetätigkeiten von Mitarbeitenden ein wichtiger Faktor zur Kalkulation einer Prämie. So wird beispielsweise in Mexiko alle zwei Stunden ein Mensch entführt und in Deutschland gab es laut deutscher polizeilicher Kriminalstatistik im Jahr 2023 insgesamt 112 Fälle von räuberischer Erpressung. Solche Informationen können alle Einfluss auf die Prämien haben.
Welche präventiven Maßnahmen und Dienstleistungen bieten Versicherer im Rahmen einer K&R Versicherung an, um Entführungen zu verhindern?
Peter Bensmann: Die präventiven Maßnahmen beziehen sich nicht nur auf Entführungen, sondern auch auf Erpressungen und darüber hinaus auf entsprechende Verhaltensregeln im Ausland. Der Kunde kann sich zu „Friedenzeiten“ auf eine solche Krise vorbereiten.
Diese Prävention wird durch ausgebildete Kriminologen (Krisenmanager) durchgeführt und umfasst die Koordination eines Krisenstabes (sofern im Unternehmen (noch) nicht vorhanden), dessen Training sowie die Fixierung entsprechender Verhaltensregeln für reisende Mitarbeitende.
Kunden haben ebenfalls Zugriff auf eine weltweite Risikoländer-Datenbank: Sollte zum Beispiel ein Mitarbeitender morgen nach Mexiko reisen müssen, kann sich der Arbeitgeber schon vorab mit der aktuellen Risikosituation beschäftigen und entsprechende Vorkehrungen bzw. Schutzmaßnahmen treffen.
Können Sie einige Fallbeispiele nennen, bei denen eine K&R Versicherung erfolgreich in Anspruch genommen wurde?
Peter Bensmann: Nein, die Inanspruchnahme von Versicherungsleistungen einer K&R-Deckung unterliegt der Geheimhaltung. Was ich jedoch sagen kann, ist, dass Aon jährlich einige Fälle von Entführungen und Erpressungen bearbeitet und Unternehmen dabei unterstützt, insbesondere mit Blick auf Prävention die richtigen Entscheidungen vorab zu treffen – und auf diese Weise für den „worst case“ entsprechend umfassend vorbereitet zu sein.
Wie sollten Unternehmen und Einzelpersonen im Ernstfall einer Entführung vorgehen und welche Unterstützung bietet der Versicherer in einer solchen Situation?
Peter Bensmann: Der Versicherer bzw. Makler hat in der Krisensituation selbst eher eine koordinierende Funktion und sorgt dafür, dass entsprechende Gelder zur Bewältigung der Krise vorhanden sind. Die eigentliche Bearbeitung erfolgt durch den Krisenmanager in Verbindung mit dem betroffenen Unternehmen und / oder der betroffenen Person. Es ist wichtig, dass die Krisenmanager über ein entsprechendes weltweites Netzwerk verfügen, um ad hoc einen Austausch zwischen einzelnen Ländern sicherzustellen.
Dieses Interview wurde bereits am 09. Juli auf Versicherungsbote.de veröffentlicht.
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