Innovator:innen im Talent Management: Ulrike Wittkamp und Karina Mader von der Stadtreinigung Hamburg

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Wie funktioniert erfolgreiches Talent Management heute mit Blick auf einen immer stärker umkämpften Markt? Die Stadtreinigung Hamburg befasste sich mit eben dieser Frage und geht seit einigen Jahren neue Wege. Im Interview erzählen Ulrike Wittkamp, Mitarbeiterin Personalmarketing, Gleichstellung und Ausbildung der Stadtreinigung Hamburg, und Karina Mader, Bachelorandin in Wirtschaftspsychologie, wie sie das Recruiting im Unternehmen effizient optimiert haben.

Die Stadtreinigung Hamburg, Hamburgs größte und führende Dienstleisterin im Bereich Abfallwirtschaft und Reinigung, ist eine Anstalt öffentlichen Rechts mit mehreren Tochterunternehmen und rund 4.000 Mitarbeiter:innen im Konzern. Sie ist die größte Einsatzstelle Hamburgs für das Freiwillige Ökologische Jahr und bietet Ausbildungen in zwölf Berufen sowie zwei duale Studiengänge an.

Auf welches Ihrer Projekte im Talent Management sind Sie besonders stolz?

Ulrike Wittkamp: Wir sind stolz auf die Einführung der Online Assessments für das Recruiting von Auszubildenden und dual Studierenden im Jahr 2020. Wir konnten das Projekt mit einer Bachelorarbeit, einer Studie zur Akzeptanz von Online-Testverfahren bei Auszubildenden, wissenschaftlich begleiten, was sich als optimal herausgestellt hat.

Die Stadtreinigung Hamburg bietet einen heterogenen Mix aus zwölf Ausbildungsberufen im gewerblichen, technischen und kaufmännischen Bereich und zwei duale Studiengänge an. Wir bilden u. a. Köch:innen für die Kantinen, Fachkräfte für Kreislauf- und Abfallwirtschaft, aber auch Kfz-Mechatroniker: innen und Anlagenmechaniker:innen aus. Darüber hinaus wurden 2021 zum ersten Mal ein Bachelorstudiengang in Architektur sowie eine studienintegrierende Berufsausbildung mit Abschluss in Informatik angeboten.

Insgesamt werden 15 bis 20 Auszubildende pro Jahr eingestellt, aber nicht in jedem Beruf wird jedes Jahr ausgebildet. Ein Fokus liegt zum Beispiel auf den Auszubildenden zur Fachkraft für Kreislauf- und Abfallwirtschaft. In einigen Bereichen erhalten wir zahlreiche Bewerbungen, in anderen weniger. Insgesamt können wir unsere Ausbildungsplätze aber gut besetzen.

Einstellungstests waren schon immer Bestandteil des Recruitingprozesses, sie erfolgten bisher als Paper-Pencil-Tests. Nun haben wir auf ein Online-Auswahlverfahren umgestellt. Die Bewerbungsphase startete im Oktober 2020 und die Bewerbungen wurden bis Ende Februar 2021 gesammelt und gesichtet. Danach erfolgte die Einladung zum Online Assessment mit Zugangslink. Nachträgliche Bewerbungen erhielten die Testeinladungen in einer zweiten Runde. Wir sind sehr zufrieden, diesen Schritt gegangen zu sein.

Welche Erfolge haben Sie damit erzielt?

Ulrike Wittkamp: Das Online-Auswahlverfahren ist zum einen aus Sicht des Personalmarketings bzw. des Employer Brandings hilfreich. Die Stadtreinigung Hamburg kann sich nun mit einem zeitgemäßen Tool als moderne Arbeitgeberin positionieren.

Gleichzeitig entlasten wir die Bewerber:innen: Die Anfahrt zu uns entfällt und der Bearbeitungszeitpunkt ist wählbar. Der Link zum Online Assessment wird aus unserem Bewerbungsmanagementsystem heraus verschickt und die Bewerber:innen haben zwei Wochen Zeit, den Test zu bearbeiten – wann immer es ihnen am besten passt. In Zeiten der Pandemie ist es außerdem vorteilhaft, dass das Auswahlverfahren online durchgeführt werden kann.

Je einfacher sich der Bewerbungsprozess gestaltet, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Kandidat:innen ihn bis zum Ende durchlaufen. In Zeiten des Fachkräftemangels sind Bewerber:innen umkämpft und nehmen nicht mehr so viel Aufwand in Kauf, um eine Stelle zu erhalten. Das Online-Verfahren hat sich hier als erfolgreich herausgestellt: Damit haben wir eine höhere Abschlussquote erzielt.

69 Prozent der Bewerber:innen, die einen Link zum Online Assessment erhalten haben, haben dieses absolviert – beim alten Verfahren im Jahr 2020 waren es nur 48 Prozent. Dieses Plus an rund 20 Prozent und damit die breite Akzeptanz, die im Rahmen einer Bachelorarbeit belegt wurde, sprechen dafür, dass der Umstieg auf Online Assessments die richtige Entscheidung war. Für uns die Bestätigung, dass wir mit den Online-Testverfahren selbstbewusst weiter voranschreiten können. Sollten wir zusätzliche Ausbildungsberufe bei uns etablieren, können wir mit Aon jederzeit eine passgenaue Testbatterie zusammenstellen.

Generell werden zudem weniger Ressourcen gebunden: Vorher haben wir vor Ort den Test erläutert sowie die Aufsicht und die Korrektur übernommen. Das alles entfällt nun. Außerdem sind die Online Assessments in unserem Bewerbungsmanagementsystem integriert. Sobald alle Tests absolviert wurden, sind die Ergebnisse im System sichtbar. Die Durchsicht der Ergebnisse kann schnell erfolgen und durch die Einrichtung einer Schnittstelle wurde der Workflow optimiert.

Was sind die wichtigsten Erkenntnisse, die Sie gewonnen haben?

Ulrike Wittkamp: Die Paper-Pencil-Tests basierten auf Wissensabfragen, die als alleiniges Mittel nicht mehr zeitgemäß sind. Mithilfe der Online Assessments werden dagegen Fähigkeiten wie beispielsweise logisches Schlussfolgern oder räumliches Vorstellungsvermögen erfasst. Abhängig von der Fachrichtung der Ausbildung variieren die Tests. Es war sehr hilfreich, dass der erste Durchlauf wissenschaftlich mit einer Bachelorarbeit begleitet wurde. Diese direkte Evaluation ermöglichte es uns, Schwachstellen schnell zu erkennen, sodass wir den Auswahlprozess optimieren konnten. Dadurch wissen wir nun, was den Bewerber:innen wichtig ist, und haben den Fokus auf die Verbesserung der Candidate Experience gelegt. Außerdem wollen wir noch mehr auf die fachspezifischen Unterschiede zwischen den Berufen eingehen.

Karina Mader: Ziel der Bachelorarbeit war es, den Prozess hinsichtlich der Candidate Experience zu optimieren. Bei der wissenschaftlichen Umfrage konnten dabei vier Einflussfaktoren auf die Akzeptanz der Bewerber:innen identifiziert werden: Ein Faktor ist die Benutzer:innenfreundlichkeit. Hier wurden die separate Bearbeitung der Testmodule und ihre Übersichtlichkeit positiv bewertet. Jedes Modul kann einzeln absolviert und es können Pausen eingelegt werden. Außerdem wurde zurückgemeldet, dass die Erklärung der Aufgaben detailliert und mit guten Beispielen versehen ist.

Auch der Umgang mit den Bewerber:innen hat einen erheblichen Einfluss auf die Akzeptanz: Die Art der Kommunikation wurde als äußerst positiv bewertet, obwohl durch das Online Assessment kein persönlicher Kontakt zu den Bewerber:innen hergestellt werden kann.

Verbesserungspotenzial wurde im Bereich der Selbstdarstellung sowie in der Berufsbezogenheit des Verfahrens festgestellt. Die Selbstdarstellung umfasst, in welchem Maße die Bewerber:innen ihre Kenntnisse und Fähigkeiten im Rahmen des Verfahrens präsentieren können. Eine wichtige Erkenntnis der Untersuchung liegt darin, dass eine stärkere Wahrnehmung der Berufsbezogenheit durch die Bewerber:innen die Akzeptanz des Verfahrens positiv beeinflussen kann. Die Stadtreinigung hat auf Grundlage der Untersuchung eine Handlungsempfehlung für die nächste Testdurchführung erhalten, die mit den technischen Lösungen von Aon begleitet und umgesetzt werden kann.

Ulrike Wittkamp: Wir haben an die Handlungsempfehlung angeknüpft und im Einladungsschreiben die Relevanz der Testbatterien für die Ausbildungsberufe erläutert, sodass die Bewerber:innen verstehen, mit welchen Aufgaben sie in der Ausbildung konfrontiert sein werden und welche Fähigkeiten dafür notwendig sind.

Mehr Möglichkeiten zur Selbstdarstellung können wir im Testverfahren nicht abbilden. Wir haben aber Hinweise ergänzt, dass im weiteren Verlauf, zum Beispiel im Interview, welches nach einem erfolgreich absolvierten Test der nächste Schritt im Auswahlverfahren ist, die Möglichkeit dazu besteht.

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