Hier schreiben regelmäßig Aon Expertinnen und Experten zu aktuellen Entwicklungen in den Themenfeldern Risiko, Kapital und Human Resources. Mit diesen Informationen und Erkenntnissen können Führungskräfte bessere Entscheidungen für ihr Unternehmen treffen.
„Gemeinsam Schadenursachen erkennen und beseitigen“
Durch eine gezielte Schadenprävention lassen sich positive Effekte auf die Prämienentwicklung erzielen. Das ist besonders in schwierigen Marktphasen wichtig. Wir sprachen mit Kristina Strube, Head of Claims Deutschland bei Aon Risk Solutions, und Norbert Kurze, Abteilungsleiter des Schadenbereiches, über ihre Erfahrungen und Ausblicke für 2021.
Wie nehmen Sie die Interessen der Kunden bei der Schadenregulierung wahr?
Strube: Aon verfügt über ein einzigartiges, weltweites Schadennetzwerk, welches auf die Schadenexpertise der jeweiligen Länder zurückgreift. Weltweit verfügen wir über mehr als 1.500 Schadenexperten in über 120 Ländern –mehr als 80 davon in Deutschland. Diese breite Aufstellung ermöglicht es uns, unsere Kunden mit der für den konkreten Fall bestmöglichen Beratung zu unterstützen.
Kurze: Unsere Beratungsdienstleistung ist von Fall zu Fall unterschiedlich. Im Haftpflichtbereich besteht das zentrale Kundeninteresse zumeist darin, dass nur begründete Ansprüche Dritter über die Police reguliert werden. Hingegen ist das Bestreben bei Sach- und Transportschäden, dass der Kunde oder der Versicherte bestmöglich entschädigt wird. Hierfür steigen wir oft tief in die komplexen Bedingungswerke ein, um einen Weg zu finden, die Interessen unserer Kunden durchzusetzen.
Auf welche Veränderungen sollten sich Unternehmen beim Schadenmanagement von Versicherern einstellen?
Kristina Strube: Im Zuge des verhärteten Versicherungsmarkts sind interne Vorgaben bei einigen Versicherern angesichts steigender Insolvenzrisiken spürbar strenger geworden. Das zeigt sich zum Beispiel darin, dass wir in letzter Zeit häufiger Überzeugungsarbeit leisten müssen, damit unsere Kunden Akontozahlungen bewilligt bekommen. Oder im Haftpflichtbereich: Aufgrund der Befürchtung, bei einer Insolvenz doppelt zahlen zu müssen, halten sich Versicherer stärker zurück, Anspruchszahlungen an die Unternehmen zu leisten, damit diese die gegen sie erhobenen Ansprüche direkt beim Geschädigten erfüllen können.
Können Sie Beispiele aus Ihrer Beratungstätigkeit nennen?
Kurze: Um aus Schaden klug zu werden, analysieren wir im Interesse unserer Kunden sehr genau, was es zu vermeiden gilt und wo ggfls. Schadenhäufigkeiten auftreten. Im Ansatz können das zum Beispiel bereits Fehler im Planungsprozess, fehlende Sicherheitsvorkehrungen oder Auffälligkeiten in der Produktion von Gütern sein.
Strube: Bei Konzernen stellen wir häufig fest, dass zwar die einzelnen Bereiche mit Fachleuten besetzt sind, diese aber nicht immer ausreichend miteinander kommunizieren. Viele Prozesse laufen dadurch nicht synchron. So müssen beispielsweise vertragliche Zusagen an Abnehmer auch an die eigenen Lieferanten weitergegeben werden, um Lücken in der Vertragskette zu vermeiden.
Wie unterstützen Sie Unternehmen, solche Schadenhäufigkeiten zu erkennen und zu beseitigen?
Kurze: Unsere Schaden-Workshops sind ein bewährtes Instrument, um Schadenanalyse und -Prävention zu betreiben. Als Konsequenz soll in der Zukunft dann ein Schaden vermieden werden. Konkret gehen wir mit dem Kunden unter anderem verschiedene Schadenszenarien durch und recherchieren, was genau die Ursachen waren und wie das Unternehmen mit den Situationen umgegangen ist. Zum Beispiel betrachten wir dabei jede Stufe in der Nutzung einer versicherten Anlage, eine Produktentwicklung oder Fertigung, in der es zu Auffälligkeiten kam oder einen zu hinterfragenden Ansatz im Transport- und Lieferantenmanagement.
Strube: Wichtig ist es auch bereits vor Eintritt eines Schadens in die Analyse einzusteigen, und rechtzeitig Prävention zu betreiben. Die Erfahrung unserer Schadenexperten in Bezug auf Schadenursachen und -häufigkeiten gemeinsam mit unserem Risk Engineering ermöglicht es uns durch gezielte Maßnahmen bestimmte Schadenszenarien zu vermeiden.
Wir übernehmen einen bedeutenden Teil des Risk Engineerings, sei es beim Qualitätsmanagement oder in der Regressbearbeitung.
Hinzukommt, dass wir uns aufgrund der Nähe zu unseren Kunden häufig ein viel detaillierteres Bild als der Versicherer von den betrieblichen Abläufen machen können, um Risikopotentiale zu beurteilen und zu bewerten. Vor allem werden die Risiken aber kalkulierbarer und die Schadenquote sinkt im Zeitverlauf. Dies sollte sich dann auch prämienseitig positiv auswirken. Es ist eine echte Win-win-Situation, bei der alle Beteiligten profitieren.