Hier schreiben regelmäßig Aon Expertinnen und Experten zu aktuellen Entwicklungen in den Themenfeldern Risk Capital und Human Capital. Mit diesen Informationen und Erkenntnissen können Führungskräfte bessere Entscheidungen für ihr Unternehmen treffen.

Aon Marktreport 2025: Risiken einordnen, Chancen erkennen
Wir leben in einer Zeit tiefgreifender Umbrüche: 29 Prozent der Deutschen nennen die Sorge vor einem Krieg als aktuell größte Angst. Klimawandel, extreme Wetterereignisse und neue Handelshemmnisse verunsichern Gesellschaft und Wirtschaft gleichermaßen. Die Vielzahl und Verflechtung dieser Dynamiken erschwert langfristige Prognosen – auch in den Vorstandsetagen der Unternehmen, mit denen wir bei Aon zusammenarbeiten.
Krisen als Nährboden für neue Ideen
Inmitten dieser Unsicherheit zeigt sich der Versicherungsmarkt in Bewegung. Mit dem zehnten Marktreport zur Lage am deutschen Industrieversicherungsmarkt beleuchtet Aon aktuelle Entwicklungen in den klassischen Sparten ebenso wie Spezialthemen aus Risk Capital und Human Capital.
Der Markt ist heterogener und weniger planbar geworden, geprägt von wachsendem Wettbewerb. Gleichzeitig eröffnen sich neue Spielräume: Ein gestiegener Risikoappetit und kürzere Vertragsbindungen in bestimmten Bereichen ermöglichen es Unternehmen, Risiken gezielter auszulagern und ihren Versicherungsschutz zu optimieren.
Sachversicherungen entwickeln sich robust
Der industrielle Sachversicherungsmarkt in Deutschland hat sich in den letzten zwölf Monaten stabilisiert: Die Schadenkostenquote des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) ist mit 93 Prozent (im Vorjahr: 90 Prozent) im laufenden Geschäftsjahr nur leicht gestiegen. Dazu waren die Preise für den Produktionsfaktor Rückversicherung zuletzt leicht rückläufig. Das sorgt für Stabilität bei den Prämiensätzen. Vor allem mittelständische Unternehmen, die zuletzt in ihre Risikoertüchtigung investiert und beispielsweise ihren Brandschutz verbessert haben, können auf leichte Zugeständnisse bei den Prämien hoffen.
Global gesehen können verbesserte Ergebnisse in den letzten Jahren die komplexen Risiken der Gegenwart, insbesondere durch Naturgefahren und Inflation, dennoch nicht vollständig ausgleichen. Zwar ist der Schadenaufwand in Europa im ersten Halbjahr 2025 weniger stark gestiegen als etwa in den USA. Die Unternehmen sollten sich darauf jedoch nicht ausruhen – und auf die Einführung einer Pflichtversicherung gegen Naturgefahren warten. Ich rate Unternehmen, diesem Risiko mit der gleichen Disziplin wie etwa Brandgefahren zu begegnen.
Haftpflichtmarkt: Weiter Vorsicht bei komplexen Risiken
Der Markt für allgemeine Haftpflichtversicherungen zeigt sich laut Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) weiter attraktiv. 2024 wurden in Deutschland 8,7 Mrd. Euro für Haftpflichtversicherungen ausgegeben. Die Schadenquote lag bei 63 Prozent, die Schadenkostenquote bei 86 Prozent.
Erholung ist wiederum im Industriegeschäft erkennbar: Versicherer streben vor allem bei risikounauffälligen Unternehmen Wachstum an. So sind auch hier in Einzelfällen Prämienreduzierungen möglich. Dies gilt jedoch nicht für Versicherungen mit hohen Deckungssummen sowie für Unternehmen mit relevanten US-Risiken. Dazu kommt: Die deutsche Automobilindustrie steht durch Elektrifizierung, Digitalisierung und Konkurrenz aus China unter Druck, was neue Anforderungen im gewerblichen Fahrzeuggeschäft schafft. Chemie-, Pharma- und Medizintechnikunternehmen profitieren zwar ebenfalls von weichen Märkten, stoßen jedoch weiter auf Einschränkungen bei komplexen Risiken.
Branchentrends für verschiedene Sparten
Auch in den anderen Sparten ist der deutsche Industrieversicherungsmarkt 2025 von intensivem Wettbewerb geprägt – für Unternehmen bedeutet das verbesserte Prämienniveaus und attraktive Vertragsgestaltungen. Im D&O-Bereich, in der Schifffahrt sowie im Real-Estate-Umfeld profitieren Versicherungsnehmer von ausreichend Kapazitäten und teils zurückkehrenden Anbietern. Gleichzeitig mahnen wirtschaftliche Unsicherheiten, steigende Insolvenzen und Schadenleistungen zur Vorsicht, insbesondere in der Kreditversicherung.
Im Bereich Engineering & Construction erweisen sich die Technischen Versicherungen seit über einem Jahrzehnt stabil mit Schadenquoten von unter 70 Prozent – ein nachhaltiger Erfolg im Vergleich zu anderen Sparten. Sie leisten damit einen konstant positiven Ergebnisbeitrag und wecken zunehmend das Interesse internationaler Anbieter. Laut GDV wird 2025 ein Prämienwachstum von sechs Prozent auf 3,18 Mrd. Euro erwartet, bei nahezu unverändertem Schadenaufwand von rund 1,84 Mrd. Euro.
Cyberversicherung: Wettlauf um mehr Sicherheit
Die Cyberversicherung ist 2025 von Gegensätzen geprägt: Einerseits bauen Unternehmen ihre Resilienz aus und setzen regulatorische Vorgaben wie NIS2 um, andererseits weiten sich Bedrohungen durch KI-gestützte Angriffe aus. Auch Ransomware und Phishing bleiben zentrale Bedrohungen, insbesondere für KMU‘s, die jedoch dank robusterer Sicherheitsmaßnahmen und Incident-Response-Pläne zunehmend besser reagieren können. Zusätzlich sorgt der intensive Wettbewerb für sinkende Preise und bessere Zugänglichkeit. Unternehmen mit hohem IT-Sicherheitsniveau profitieren von Prämienreduktionen von fünf bis zehn Prozent sowie erweiterten Deckungen. Großkonzerne können von höheren Einzelkapazitäten und größeren Limits profitieren, während der Mittelstand durch automatisierte Prüfungen leichter Zugang zu Versicherungssummen im Bereich von zehn Mio. Euro erhält.
One fits all – gibt es nicht
Unabhängig, ob Sachversicherung, Haftpflicht, Warentransport oder Spezialmärkte: Eine Lösung, die für alle passt, gibt es nicht. Was es jetzt in der komplexen Welt von heute braucht, ist analytische, branchenspezifische Klarheit. Unternehmen müssen 2025 die Macht der Datenanalyse sowie internationales Benchmarking nutzen.
Mehr Zahlen und Insights bietet der Aon Marktreport 2025 in ungekürzter Fassung. Er steht ab sofort kostenfrei zum Download zur Verfügung.