Aon Global Risk Management Survey 2023: Bindung von Talenten steigt
global auf Rang 4

Lesezeit: 5 Minuten

Deutschland sieht im Ausfall der (Zu)-Lieferketten das größere Risiko

Ein Risiko kommt selten allein. Eine Erkenntnis, die sich in den letzten Jahren zunehmend bestätigt hat und auch im Rahmen der zweijährlichen Umfrage zum globalen Risikomanagement von Aon – der Aon Global Risk Management Survey – widergespiegelt wird. Denn die Ergebnisse zeigen einmal mehr, wie verzahnt Risiken heute sind und wie volatil die Welt ist, in der wir leben. Wenig überraschend: Das Cyberrisiko steht auch in diesem Jahr wieder weit vorne – global an erster Stelle, in Deutschland an zweiter. Allerdings gibt es an anderen Stellen deutliche Unterschiede im internationalen Vergleich. Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick.

Wirtschaftliche Risiken

Konflikte, geopolitische Veränderungen und makroökonomische Bedingungen haben nach wie vor weitreichende Auswirkungen, was sich auch im Risikobewusstsein der Unternehmen bemerkbar macht. So gelten das Rohstoffpreisrisiko und die Materialknappheit 2023 als Top-Risiko in Deutschland, im internationalen Ranking belegt dieses Thema den Platz 7. Die unterschiedliche Gewichtung dieses Risikos ist auffallend und könnte durch ein national abweichendes Preisbewusstsein, welches die Auftragslage der deutschen Firmen beeinflusst, erklärt werden. Gleichzeitig stufen Wirtschaftsführer die Lieferkette auf das höchste Risikoniveau seit 14 Jahren ein (weltweit auf Platz 6), in Deutschland rangiert dieses Risiko auf Platz 4. Laut der jüngsten Umfrage haben jedoch weniger als 40 Prozent der Unternehmen eine Bewertung der Widerstandsfähigkeit ihrer Lieferanten durchgeführt und weniger als 20 Prozent haben ihre Lieferantenbasis diversifiziert, um das Risiko von Lieferketten- oder Vertriebsausfällen zu mindern. Der Anstieg der wahrgenommenen Risiken in der Lieferkette und im Vertrieb erfordert eine enorme Verstärkung der Bemühungen zur Risikominderung.

„Die Welt ist unbeständiger geworden. Dies spiegelt sich in einer Reihe von tiefgreifenden Veränderungen in den Bereichen Handel, Technologie, Klima und Humankapital wider, welche den Unternehmensleiter:innen die zunehmende Verflechtung von unterschiedlichen Risiken vor Augen geführt haben.“

Greg Case, CEO von Aon

Herausforderungen im Bereich Humankapital

Die diesjährige Studie zeigt weiterhin auf, dass Herausforderungen bezüglich des Humankapitals inzwischen ein zentrales Geschäftsrisiko darstellen, welches durch steigende Gesundheitskosten, den anhaltenden Wettbewerb um Talente, Arbeitskräftemangel und mangelnde Vorbereitung auf den Ruhestand angeheizt wird.

Im Jahr 2023 rangiert die Gewinnung und Bindung von Talenten weltweit auf Platz 4, nachdem dieses Risiko 2021 noch nicht einmal Teil der globalen Top 10 war. In Deutschland stellt im Vergleich vornehmlich das Thema Mangel an Arbeitskräften mit einem Ranking auf Platz 7 ein treibendes Risikothema dar. Deutsche Führungskräfte beurteilen demnach den Wettbewerb um Spitzenkräfte tendenziell optimistischer als ihre internationalen Kolleg:innen.

Die aktuelle Studie zeigt einen deutlichen Wendepunkt, an dem Führungskräfte erkannt haben, mit welchen Kosten die Herausforderungen des Humankapitals tatsächlich verbunden sind und dass dieses Risiko alle anderen wichtigen Geschäftsrisiken verstärkt. Ein Mangel an Talenten, Arbeitskräften oder kritischen Fachkenntnissen kann Innovation und Wettbewerbsfähigkeit behindern und das Risiko von Cyberangriffen, Verstößen gegen Vorschriften, Problemen in der Lieferkette, Geschäftsunterbrechungen und Reputationsschäden erhöhen. Auffallend ist jedoch auch, dass weltweit nur 11 Prozent der Umfrageteilnehmer:innen angaben, ihre Personalrisiken quantifiziert zu haben, was eine erhebliche Lücke zwischen Risikobewusstsein und Risikovorbereitung bedeutet.

„Durch den Einsatz fortschrittlicher Analysen und der damit verbundenen Entwicklung innovativer Lösungen unterstützen wir Unternehmen auf der ganzen Welt, die eigenen Risiken zu quantifizieren, zu managen und das Kapital darauf abzustimmen.“

Greg Case, CEO von Aon

Teils beunruhigende Risikounterschätzung

Überraschenderweise fehlen die Risiken Klima (Platz 17) und künstliche Intelligenz (Platz 49) in der globalen Top-10-Rangliste, was auf ein mangelndes Bewusstsein für die potenziellen Auswirkungen dieser Themen auf das Risikoprofil von Unternehmen schließen lässt. Zu den unmittelbareren klimabedingten Risiken gehören Sachschäden, Auswirkungen von Unwettern und Naturkatastrophen sowie die Folgen klimabezogener regulatorischer Änderungen und Compliance-Verpflichtungen für Unternehmen. Deutschland zeigt hier eine stärkere Sensitivität gegenüber dem internationalen Ranking: Sachschäden nehmen beispielsweise einen etwas höheren Stellenwert (Platz 10) ein.

„Es ist beunruhigend zu sehen, dass Klimarisiken in der Einschätzung von Führungskräften nicht oder nur knapp zu den Top-Herausforderungen gezählt werden – Risiken, die dringend angegangen werden müssen, aber fast unbeachtet bleiben. Das Klima ist kein neu entstandenes, sondern ein dringliches Risiko, welches für Unternehmen aller Größenordnungen immer größere Auswirkungen hat.“

Kai Büchter, CEO DACH bei Aon

Nach wie vor Spitzenreiter: Cyberangriffe und Datenschutzverletzungen

Ein Thema, das international das Top-Risiko in der diesjährigen Umfrage bleibt: In Nordamerika und Europa sowie im asiatisch-pazifischen Raum erreichte dieses Risiko den ersten Platz, in Deutschland landete es auf Platz 2. Hier hat sich zudem gezeigt, dass Unternehmen gegenüber Cyberrisiken den höchsten Grad an „Risk Readiness“ aufweisen; das heißt, Entscheidungsträger sind bereits stark auf das Thema sensibilisiert und vorbereitet. Dementsprechend gehen diese Risiken mit einem der niedrigsten ausgewiesenen Einkommensverluste einher und weisen zugleich die prozentual höchsten Anteile an Maßnahmen zur Risikominderung im Vergleich zu den zehn größten globalen Risiken auf. Ein häufig durch u. a. Cybergefahren bedingtes Risiko, ist die Betriebsunterbrechung, die seit der Aon-Umfrage 2021 als das zweithäufigste Risiko auf globaler Ebene (Deutschland: Platz 3) betrachtet wird.  Dieses Ergebnis spiegelt die Tatsache wider, dass Betriebsunterbrechungsereignisse zunehmen und mehrere Branchen und Unternehmen gleichzeitig betreffen können.

Fazit:

Zusammenfassend ist herauszustellen, dass nur zwei der fünf größten Risiken versicherbar sind; ähnlich sieht es in den Top-10-Risiken aus: Hier zeigt sich die Hälfte der genannten Risiken als derzeit nicht versicherbar.

Der Global Risk Management Survey von Aon wird seit 2007 alle zwei Jahre durchgeführt und liefert Daten und Erkenntnisse, die eine bessere Entscheidungsfindung in Bezug auf Risiken in einem zunehmend volatilen und komplexen Geschäftsumfeld ermöglichen. Hierfür wurden knapp 3.000 Entscheidungsträger:innen aus 61 Ländern und Regionen in insgesamt elf Sprachen befragt, um die dringendsten geschäftlichen Herausforderungen zu ermitteln. In Deutschland nahmen 50 Teilnehmer:innen an der Umfrage teil.

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