Hier schreiben regelmäßig Aon Expertinnen und Experten zu aktuellen Entwicklungen in den Themenfeldern Risiko, Kapital und Human Resources. Mit diesen Informationen und Erkenntnissen können Führungskräfte bessere Entscheidungen für ihr Unternehmen treffen.

Unternehmensresilienz und Krisenmanagement bestimmen maßgeblich die Absicherung von Pandemierisiken bei M&A-Transaktionen
Die COVID-19-Pandemie hat sichtbare Spuren im Markt für Mergers & Acquisitions (M&A) hinterlassen. In 2020 brach die Zahl der Transaktionen gegenüber dem Vorjahr um über 50 Prozent ein. Zwar ging auch die Zahl abgeschlossener Warranty&Indemnity-Versicherungen (W&I) um rund 30 Prozent zurück. Werden aber nur die vollzogenen Transaktionen betrachtet, ist der Trend zum Einsatz von W&I-Policen ungebrochen. Mit diesen Versicherungen lassen sich Schäden aus der Verletzung von Garantieversprechen bei Unternehmenskäufen abdecken, sofern die zugrundeliegenden Ursachen dem Käufer nicht bekannt waren.
Als die Pandemie im Frühjahr 2020 ausbrach, reagierte die Versicherungswirtschaft reflexartig mit dem Ausschluss von jeglichen pandemiebedingten Schäden. Dieses Vorgehen stieß bei Maklern ebenso wie Kunden auf großes Unverständnis. Zügig gingen die Gesellschaften deshalb dazu über, jeden Einzelfall differenziert zu prüfen. Dies führte dazu, dass Versicherer auf einen generellen Risikoausschluss verzichten, sofern sich der Betrieb als weitestgehend resilient gegenüber den Pandemiefolgen erweist.
Wie gehen Versicherer mit pandemiebedingten Risiken um, die sich negativ auf die Abgabe von Garantien im Unternehmenskaufvertrag auswirken?
Werden durch COVID-19 negative Folgen auf die Garantieversprechen identifiziert, berücksichtigen die Versicherer diese durch entsprechende Anmerkungen im Warranty Spreadsheet der W&I-Police. Dadurch werden die Garantien im Unternehmenskaufvertrag für die Deckung unter der W&I Versicherung modifiziert. So gelingt es, nur jene Risiken auszuschließen, die eindeutig den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie zuzuordnen sind. So könnte beispielsweise ein Versicherer die Garantie bezüglich bestehender Rückzahlungsverpflichtungen von staatlichen Subventionen einschränken, weil das Unternehmen pandemiebedingt Kurzarbeit beantragen musste. Weitere Einschränkungen sind denkbar für Sachverhalte im Rahmen der Garantien für wesentliche Verträge und den „Ordinary Course of Business“, die durch die Pandemie unentdeckt unrichtig geworden sein können. Fokus der Due Diligence muss daher auch das Business-Modell des Zielunternehmens sein, um den Versicherern den Komfort zu geben, dass die erwähnten Bereiche nicht (in erheblichem Maße) durch COVID-19 betroffen sind.
Umgekehrt haben Unternehmen mit Geschäftsmodellen, die sich als sehr resilient gegenüber den Pandemiefolgen erweisen, eine bessere Verhandlungsposition gegenüber dem Versicherer. Ein entscheidender Schlüssel ist hier ein praxisbewährtes Risiko- und Krisenmanagement. Je besser das Unternehmen in diesem Bereich aufgestellt ist, desto stärker wird der Versicherer bereit sein, auf angefragte Deckungserfordernisse einzugehen.
Insolvenzanfechtungsrisiken sind gestiegen
Stichwort Pandemieauswirkungen: Zum 1. Januar 2021 sind zuvor bestehende Privilegierungen im Hinblick auf die Pflicht zur Stellung des Insolvenzantrags weggefallen. Seither können nur noch Unternehmen, die bis zum 28. Februar 2021 einen Antrag auf staatliche Coronahilfen stellen und vernünftigerweise erwarten dürfen, diese zu erhalten, davon absehen, einen Insolvenzantrag zu stellen. Bereits seit dem 1. Oktober vergangenen Jahres mussten eigentlich Unternehmen, die zahlungsunfähig waren, wieder einen Insolvenzantrag stellen. Zuvor waren sie seit März 2020 davon befreit, sofern die Zahlungsunfähigkeit auf den Folgen der Pandemie beruhte. Ein Anstieg der Insolvenzen war seither nicht zu verzeichnen. Im Gegenteil: 2020 gab es erstaunlich wenige Insolvenzen. Spätestens nach dem Wegfall der aktuellen Ausnahmevorschriften ist allerdings aufgrund der Gesamtwirtschaftslage von einem Anstieg der Insolvenzen auszugehen.
Im Insolvenzverfahren prüft der Insolvenzverwalter besonders kritisch, ob Verkäufe von Tochterunternehmen oder Unternehmensteilen des nunmehr insolventen Unternehmens marktgerecht waren. Kommt er zu dem Ergebnis, dass dies nicht der Fall war und die Transaktion die Gläubiger der Gesellschaft benachteiligt hat, kann er die Transaktion anfechten. Dieses Risiko ist einem Käufer, der Unternehmen oder Unternehmensteile von einem insolvenzbedrohten Verkäufer erwirbt, bewusst. Es lässt sich mittlerweile durch spezielle Versicherungslösungen für Insolvenzanfechtungsrisiken handhabbar machen. Dies dürfte in einigen Fällen dem Käufer überhaupt erst die erforderliche Sicherheit geben, eine solche Transaktion durchzuführen.