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Technische Versicherungen

Spezialmarkt Erneuerbare Energien (Renewable Energy)

Pünktlich mit dem Vergütungsende der ersten EEG-geförderten Anlagen aus dem Jahr 2000 legte der Gesetzgeber Ende 2020 bzw. nach Ablauf des Übergangsjahrs Ende 2021 die mittlerweile fünfte umfassende Überarbeitung des EEGs vor. Neben den lang erwarteten Regelungen zur Zukunft der vor über zwanzig Jahren installierten alten Anlagen enthält das Gesetz nun eine Reihe von Regelungen, die einen Anreiz für den weiteren Ausbau der Erneuerbaren Energien geben sollen.

Im Jahr 2021 fiel allerdings der Anteil des aus Erneuerbaren Energien gedeckten deutschen Stromverbrauchs von 45,2 Prozent (2020) auf 41,9 Prozent (2021).

Seit der vorletzten Novellierung des EEGs (2017) haben die Erneuerbaren Energien nach einem zwischenzeitlichen Boom in den Jahren 2017 und 2018 kontinuierlich an Fahrt verloren. Nach einem schwachen Jahr 2019 mit nicht einmal mehr 1 GW Ausbaumenge bei Onshore-Wind setzte sich die Konsolidierung im Jahr 2020 fort: Es wurden nur 420 Anlagen mit einer Gesamtleistung von ca. 1,4 GW neu installiert. Nach den Beobachtungen in den ersten Monaten des Jahres 2021 bleibt zu erwarten, dass sich die Entwicklung in etwa auf dem aktuellen Niveau fortsetzen wird. Als wichtige Gründe für den stockenden Ausbau werden das Ausschreibungsmodell über Auktionen mit gedeckelten Mengen, rechtliche Hemmnisse (u. a. BImSchG) sowie zunehmende Widerstände von Anwohnern (Bürgerinitiativen), die zu teilweise erheblichen Verzögerungen führen, betrachtet.

Andere Länder sind hier bei ihren Anstrengungen bedeutend erfolgreicher, sodass sich der weltweite Zubau von Windkraftanlagen auf 114.000 MW im Jahr 2020 nahezu verdoppelt hat. Die Internationale Energie-Agentur geht im Bereich der Solarenergie von einem jährlichen Zubau von bis zu 160.000 MW bis zum Jahr 2022 aus. Auch im Bereich der Photovoltaik hinkt Deutschland etwas hinterher, wenngleich in den Jahren 2020/2021 zuletzt eine Zunahme der Kapazitäten gegenüber dem Jahr 2019 zu verzeichnen war.

Ein neues Thema hat seit dem letzten Jahr in der öffentlichen Debatte zur Erreichung der Klimaschutzziele an Raum gewonnen: grüner Wasserstoff. Obwohl die Diskussion noch jung ist und noch wenig konkrete Entscheidungen gefallen sind, lässt sich festhalten, dass dieses Thema in Zukunft an Bedeutung gewinnen wird. Insbesondere vor dem Hintergrund des stockenden Netzausbaus bieten besondere Speichertechnologien wie grüner Wasserstoff alternative Möglichkeiten, „überschüssigen“ Strom in Starkwindphasen nachhaltig zu nutzen, ohne diesen verpuffen zu lassen.

Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien in Deutschland 1990-2021

2021 wurden in Deutschland rund 237 Milliarden Kilowattstunden Strom aus Erneuerbaren Energien erzeugt. Das entspricht einem Anteil von 41,9 Prozent am gesamtem Stromverbrauch.

Quellen: AGEE-Stat, AG Energiebilanzen; Stand: 1/2022

In den einzelnen Geschäftsfeldern sind folgende Entwicklungen zu erkennen:

Windenergie Onshore

Die neu installierte Leistung von Windenergieanlagen konnte von 1,4 GW (2020) weiter auf 1,9 GW im Jahr 2021 gesteigert werden.

Da die neu installierte Leistung im Vergleich zur Vergangenheit immer noch auf recht niedrigem Niveau liegt, ist der Versicherungsmarkt im Bereich der Erneuerbaren Energien weiterhin stark umkämpft. Zudem werden die Anlagen in den Beständen einzelner Versicherer aufgrund des noch geringen Zuwachses an neuen und guten Risiken zunehmend älter. Dadurch steigt die Schadenbelastung, die die Versicherer zur Anpassung der Prämien und Bedingungen nötigt. Es ist bereits jetzt erkennbar, dass sich die Konditionen gegenüber früheren Perioden wie auch in anderen Sparten verschlechtern. Versicherer prüfen die Risiken inzwischen viel genauer und passen die Prämien, Selbstbehalte und Bedingungen entsprechend der individuellen Risikosituation an.

Nichtsdestotrotz werden zunächst weiterhin ausreichend Kapazitäten – insbesondere für neue und gute Risiken – erwartet. Insgesamt sollten sich Betreiber von Windkraftanlagen aber auf eine Verschlechterung der Prämien und Bedingungen einstellen.

Windenergie Offshore

Auf See kamen im Jahr 2021 keine neuen Leistungen hinzu. Lediglich 132 Bestandsanlagen erhielten ein Leistungsupgrade. Das liegt auch daran, dass aufgrund staatlicher Vorgaben der Ausbau-Deckel bereits erreicht war. Erst in den kommenden Jahren und vor allem ab 2025 ist wieder mit weiteren neuen Anlagen im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu rechnen.

Da die Anzahl der umzusetzenden Projekte in Deutschland in den nächsten Jahren stark limitiert ist, haben viele der international ausgerichteten Konzerne ihre Aktivitäten inzwischen in andere Länder verlagert. Durch neue Gründungskonzepte ist Offshore-Windenergie auch an Küstenabschnitten mit sehr hohen Wassertiefen wie z. B. in Asien und Nord-/Südamerika durchaus lukrativ.

Die Versicherungsmärkte für Offshore-Windprojekte sind international. Internationale Versicherungsmakler platzieren Deckungen üblicherweise in den nationalen Märkten sowie über den Londoner Markt. In den letzten Jahren sind neue Kapazitäten durch Versicherer entstanden, die ihre Zeichnungsbereitschaft für Offshore-Projekte erklärt haben. Bei den letzten Ausschreibungen wurden infolge der globalen Verbreiterung der Kapazitäten – trotz bereits günstiger Konditionen – sehr gute Ergebnisse für die versicherten Unternehmen erzielt.

Prognose zur weiteren Entwicklung der Offshore-Windenergie

in Deutschland

Quelle: Deutsche WindGuard, Datenbasis: Deutsche WindGuard, MaStR, FEP 2020

Photovoltaik

Der deutsche Photovoltaikmarkt ist geprägt durch eine große Anzahl kleinerer Projekte (kleiner 750 kWp), die aufgrund ihrer Menge jedoch einen großen Anteil an der regenerativen Stromerzeugung haben. Durch die veränderten Rahmenbedingungen hat sich die Solarenergie zuletzt positiver entwickelt und so betrug der Zubau wie im Jahr 2020 auch im Jahr 2021 wieder ca. 5,3 GW.

Die Versicherungsprodukte hierfür sind weit entwickelt und zu guten Konditionen erhältlich. Kapazitäten sind ausreichend vorhanden. Auch hier zeichnen sich aber in Teilbereichen bereits eine Verschlechterung der Konditionen und ein restriktiveres Verhalten der Versicherer ab.

Großprojekte im Photovoltaik-Bereich werden derzeit im europäischen Ausland sowie in Ländern außerhalb Europas umgesetzt. Die deutschen Versicherer sind bei der Absicherung dieser Projekte stark engagiert. Auch hier ist eine zunehmende Internationalisierung erkennbar.

Biogas / Geothermie / Speichertechnologien

In diesen Bereichen werden aktuell nur sehr wenige neue Projekte realisiert. Für die Versicherungsmärkte spielen sie daher keine nennenswerte Rolle. Es ist davon auszugehen, dass die Speichertechnologie in den nächsten Jahren eine größere Rolle spielen kann, wenn die technischen und regulatorischen Herausforderungen durch Wirtschaft und Politik gelöst sind und ein wirtschaftlicher Betrieb möglich ist.

Netzinfrastrukturen

Die zentrale Herausforderung im Zusammenhang mit der Energiewende in Deutschland sowie im umliegenden Ausland ist der Ausbau der Netzinfrastrukturen. Dieser Ausbau ist wichtig, da die Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien oftmals weit entfernt von den Abnehmern stattfindet (Offshore-Wind).

Der notwendige Netzausbau Offshore und Onshore wird in den nächsten Jahren zu erheblichen Investitionen der hierfür verantwortlichen Übertragungsnetzbetreiber führen.

Derzeit bleiben aufgrund der fehlenden Netzinfrastruktur noch große Mengen erzeugter Energie daher wirtschaftlich ungenutzt.