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Schifffahrt

Ukraine-Krise belastet die Schifffahrts­versicherung

Russlands Einmarsch in die Ukraine hat auch weitreichende Folgen für den Schifffahrtsmarkt. Dabei gingen nicht nur Schiffe und Besatzungen verloren. Auch die ohnehin schon durch die Corona-Pandemie empfindlich getroffenen weltweiten Lieferketten wurden zusätzlich beeinträchtigt. Die jeweils aufgelegten Sanktionsregime beeinflussen die Branche schließlich ebenfalls erheblich.

Marktsituation

Der Ukraine-Krieg kam in diesem Ausmaß schlagartig und unerwartet und hat die Welt einmal mehr vor eine neue Herausforderung – und neue Risiken – gestellt. Die Versicherungsbranche hat reagiert. Während die weitere Entwicklung und langfristigen Auswirkungen noch nicht absehbar sind, zeichnen sich zumindest erste Trends bei den Versicherern ab. Ein Überblick.

Kaskoversicherung

Die Situation in der Ukraine wird voraussichtlich zu einer Verschärfung der bereits bestehenden Sanktionsklauseln in den Versicherungsbedingungen führen. Erste Signale in diese Richtung gibt es bereits. Ob und inwieweit auch mit einer weiteren Verknappung der Versichererkapazität zu rechnen ist, ist aus heutiger Sicht nicht seriös zu beantworten. Auch 2022 steht daher das sogenannte technische Underwriting im Vordergrund.

Kriegsversicherung

In der Regel sind Kriegsrisiken in der Seekaskoversicherung ausgeschlossen. Reeder kaufen daher regelmäßig entsprechende Kriegsversicherungen ein. Der Hauptmarkt hierfür liegt in London. Unmittelbar nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine haben die Kriegsversicherer jedoch von ihrem kurzfristigen Kündigungsrecht Gebrauch gemacht und die Ukraine nebst den entsprechenden Häfen unter den „Ausschlussgebieten“ gelistet. Für diese Gebiete muss im Bedarfsfall zusätzlicher Versicherungsschutz angefragt werden.

P&I-Versicherung

In der Schifffahrt wird bekanntlich das Haftpflichtrisiko bei Schäden Dritter durch die P&I-Versicherung abgedeckt. Das zurückliegende Renewal war aus Sicht der Reeder anspruchsvoll und führte insbesondere zu – teils massiv – erhöhten Prämien. Diese waren insbesondere in den gestiegenen Rückversicherungskosten der P&I-Klubs begründet.

Die Zukunft bringt auch Chancen.

Ausblick

Obwohl es vor allem aus dem Londoner Versicherungsmarkt erste Signale einer Entspannung gibt, müssen die Kunden auch für das Renewal 2022 mit herausfordernden Prolongationsverhandlungen rechnen. Das technische Underwriting der Versicherer führt zu erheblichen Anforderungen an die jeweilige Risikopräsentation und zu einem erhöhten Beratungsbedarf auf Seiten der Kunden. Hier ist Unterstützung durch markterfahrene, internationale Maklerhäuser unerlässlich.

Kunden, die bis dato den Einschluss einer sogenannten Pandemie-Klausel vermeiden konnten, sehen sich erneut mit einer solchen Forderung konfrontiert und müssen diese zumeist auch akzeptieren. Dieser Umstand liegt vor allem in den jeweiligen Rückversicherungsstrukturen und deren Anforderungen begründet, die solche Einschränkungen vorgeben.

Ferner sind die tatsächlichen und langfristigen Auswirkungen der Ukraine-Krise noch nicht valide zu beantworten. Es ist mit einer Verschärfung der jeweiligen Sanktionsklauseln der einzelnen Versicherer zu rechnen, was zu intensiven Diskussionen zwischen allen Beteiligten führen dürfte. Dies gilt umso mehr, als sich noch nicht alle Versicherer im Umgang mit diesen Fragen abschließend positioniert haben.

Eine weitere Kapazitätsverknappung – insbesondere vor dem Hintergrund der Entspannungssignale aus London – ist aktuell nicht zu sehen. Dies bedeutet jedoch keinesfalls, dass sämtliche Risiken noch ohne Weiteres zu akzeptablen Bedingungen platziert werden können. Mit krisenbedingten Auswirkungen ist hier an diversen Stellen zu rechnen.

Mit Blick auf die aktuellen globalen Entwicklungen versuchen bereits einige Versicherer, die steigenden Energiepreise und die starke Inflation in Prolongationsverhandlungen – zum Nachteil der Kunden – einfließen zu lassen.

Zur Begründung führen Versicherer meist massiv steigende, inflationsbedingte Schadenkosten an. Im Falle einer weiterhin rasant steigenden Inflation kann davon ausgegangen werden, dass zahlreiche Versicherer diesem Vorgehen folgen.

Markttrends

Neben den aktuellen Herausforderungen bleibt auch das Thema Nachhaltigkeit im Fokus. Dabei stellen die Klimaschutzziele der Branche einen unerlässlichen Treiber für Innovationen dar, der Zukunftspotenzial bedeutet. Auch die aktuelle Entwicklung der Energiepreise wird voraussichtlich Innovationen forcieren und letztlich dabei helfen, die ambitionierten Klimaziele der Branche zu erreichen.