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Life Sciences
Life Sciences: Pharma und Medizinprodukte/-technik
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Life Sciences: Pharma und Medizinprodukte/-technik
Für Life Science-Unternehmen haben sich die Prämienerhöhungen in den meisten Sparten verlangsamt. Der Höhepunkt des harten Marktes ist jedoch noch nicht erreicht. Der Markt wurde in den letzten Monaten vor allem von den Bedenken der Versicherer zum Beispiel mit Blick auf den Ukraine-Konflikt, die Covid-19-Krise, den Inflationsdruck sowie auf die anhaltende Flut von Großschäden beeinflusst. Diese Ereignisse haben dazu geführt, dass in den meisten Sparten einstellige Prämienerhöhungen zu verzeichnen waren, während Reduzierungen aber noch immer die Ausnahme darstellen. Infolge der Ukraine-Russland-Krise machten die Versicherer aktiv von bereits in den Wordings verankerten Restriktionen Gebrauch (z. B. Kriegsausschlüsse). Auswirkungen von Sanktionen und Risiken in der Lieferkette sind im Versicherungsvertrag im Rahmen des Underwriting-Prozesses deutlich spürbar. „Cyber“ erwies sich weiterhin als die herausforderndste Sparte: Hier sind sowohl ein erneuter Kapazitätsabbau als auch ein Anstieg bei der Preisgestaltung und der Anwendung von Ausschlüssen zu verzeichnen.
Marktsituation
Der Versicherungsmarkt für Life Science-Risiken bleibt angespannt: Das Prämienniveau, branchenbedingt ohnehin schon überdurchschnittlich hoch, gerät weiter unter Druck, wie die rot markierten Felder der nachfolgenden Grafik zeigen. Allerdings liegen die vom Versicherungsmarkt geforderten Zuschläge aktuell prozentual unter jenen der Vorjahre. Ob diese Stabilisierungstendenzen, die nach mehreren Jahren beträchtlicher Prämienerhöhungen nun ansatzweise zu verzeichnen sind (Ausnahme: Cyberpolicen), sich tatsächlich etablieren, wird maßgeblich von möglichen Großschäden im Jahresverlauf und der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung bestimmt.
Auszug Haftpflicht:
Insgesamt (moderat)
Der erhöhte Kapazitätsbedarf für mittelgroße Risiken mit mittlerer bis geringer Komplexität traf auf ausgeglichene Marktbedingungen. Bei großen und komplexen Risiken waren die Umstände hingegen schwieriger, da sich die Versicherer bei der Preisgestaltung und den angebotenen Bedingungen hier schon deutlich zurückhaltender verhielten.
Preisgestaltung (+11-30 Prozent)
Im ersten Quartal kam es weiterhin zu erheblichen Preiserhöhungen, insbesondere bei großen und komplexen Risiken. Einige Versicherer verwiesen dabei auf die allgemeine Inflation als Ursache für die Preiserhöhungen.
Kapazität (knapp)
Die Kapazitäten blieben weitestgehend stabil und im Allgemeinen für die meisten Risikoarten verfügbar, obwohl einige Versicherer ihre Risiken reduzierten und die Spartengröße veränderten.
Underwriting (streng)
Das Underwriting war grundsätzlich streng – insbesondere aber für Branchen mit schlechter Performance. Produktrückrufe und Produkthaftung stellten die größten Herausforderungen für das Underwriting dar. Die Versicherer boten Deckung für neues Haftpflichtgeschäft nur dann an, wenn die Risikoart mit ihrer Strategie und ihrer Risikobereitschaft übereinstimmte. Qualitativ hochwertige Underwriting-Informationen zahlten sich für die Versicherten aus.
Versicherungssummen (gleich)
Auslaufende Limits wurden bei den meisten Platzierungen erreicht.
Selbstbehalte (steigend)
Neue Mindestselbstbehalte wurden als Voraussetzung für die Abgabe von Angeboten eingeführt. In einigen Fällen votierten aber auch die Versicherten für eine Selbstbeteiligungserhöhung, um die Prämienerhöhungen zu reduzieren.
Policeninhalte (stabil)
Die Versicherungsbedingungen waren im Allgemeinen stabil. Allerdings überprüften die Versicherer die Deckung für komplexe Risiken. Einige Versicherer haben daraufhin Cyber-Ausschlüsse eingeführt.
Versicherungsmarktdynamik 2022
Branche Life Sciences
Kfz | Haftpflicht | Cyber | D&O | Sach | Kredit | |
---|---|---|---|---|---|---|
Gesamt | moderat | moderat | verhärtet | verhärtet | verhärtet | verhärtet |
Tendenz | stagnierend | (+11-30%) | (+11-30%) | (+11-30%) | (+1-10%) | (+1-10%) |
Kapazität | knapp | knapp | beschränkt | knapp | knapp | knapp |
Underwriting | flexibel | streng | streng | vorsichtig | streng | vorsichtig |
Vers.-summen | gleich | gleich | sinkend | gleich | gleich | gleich |
Selbstbehalte | steigend | steigend | steigend | gleich | steigend | steigend |
Policeninhalte | stabil | stabil | restriktiv | stabil | stabil | stabil |
Ausblick
Für große und komplexe Risiken erwarten wir, dass die derzeit harten Marktbedingungen mitsamt der Deckungs- und Kapazitätsüberprüfungen durch Versicherer anhalten werden. Bei mittelgroßen Risiken mit mäßiger bis geringer Komplexität wird die Bereitschaft der Versicherer, Deckungszusagen zu erteilen, weiterhin groß sein, da sie in diesem Bereich Wachstum nach wie vor anstreben. Es ist jedoch davon auszugehen, dass sich die Prüfung des Underwritings verschärfen wird, da Risiken im Zusammenhang mit den geopolitischen Ereignissen in Osteuropa auftauchen.

Während das unternehmenseigene Risikomanagement und die aufsichtsrechtliche Kontrolle in der Life Science-Branche stark ausgeprägt sind, gelten zu versichernde Risiken dieser Branche am Versicherungsmarkt als besonders exponiert. Sie werden daher in vielen Fällen bei der Risikobewertung als „hard risks“ betrachtet. Darüber hinaus kann die enorme Risikobandbreite der Branche schnell zu einer unbegründeten Erhöhung von Prämien führen. So ereigneten sich innerhalb der Branche in den letzten 20 Jahren beispielsweise viele schwere Produkthaftungsschäden und eine hohe Zahl von Sammelklagen – einschließlich damit einhergehender D&O-Ansprüche. Während diese in den letzten zwei Jahren zwar leicht zurückgegangen sind, zeigt sich 2022 eine hohe Gefährdung durch Betriebsunterbrechungen und Unterbrechungen der Lieferketten. In den meisten Fällen ist diese Entwicklung auf pandemie- bzw. rezessionsbedingte Defizite sowie auf große Cyberschäden, die die globalen Lieferketten empfindlich treffen, zurückzuführen.
Im Bereich der Produkthaftung wird die Risikoprüfung durch das Underwriting der Versicherer weiter verschärft und auch Fragen bezüglich neuer Risiken kritischer durchleuchtet als bisher der Fall. Zu den größten Herausforderungen gehören Opioide, die Gentherapie sowie Produkte für seltene oder übertragbare Krankheiten und Nitrosamin-Produktkontamination. Neue spezialisierte Märkte drängen in diesen Bereich, ihre Kapazitäten sind jedoch begrenzt.
Im Bereich der D&O-Versicherung haben sich die Versicherer inzwischen auf Life Science-Unternehmen eingestellt, weshalb sie über eine bessere Risikotransparenz verfügen. Die Preisanpassungen der letzten Jahre haben die Versicherer wieder in eine profitable Position gebracht, während die Zahl der Klagen im zweiten Jahr in Folge zurückgegangen ist. Diese Entwicklung ermöglicht es dem Markt, insgesamt bessere Einschätzungen zu treffen. Da mehr Märkte zur Verfügung stehen, können insbesondere auf Life Science Risiken spezialisierte Maklerhäuser den Wettbewerb für Versicherte vorteilhaft einsetzen.

Markttrends
Die Underwriter haben zusätzliche Daten in den Underwriting-Prozess integriert, um die Risikoprofile besser nutzen zu können. Gleichzeitig investierten die Versicherer in die Entwicklung alternativer Risikotransferlösungen wie Captive Fronting und parametrische Lösungen.
Am 31. Januar 2022 trat nach jahrelanger Verzögerung die neue EU-Verordnung über klinische Studien in Kraft. Ein einheitliches Genehmigungssystem mit einem zentralen Portal für Sponsoren und Aufsichtsbehörden wird zur Beantragung und Genehmigung von Studien in ganz Europa eingeführt. Nach Ablauf der Übergangsfrist (bis 2023) werden alle neuen klinischen Prüfungen und ab 2025 auch alle laufenden Prüfungen der neuen Verordnung unterliegen. Der Versicherungsmarkt ist dabei im Allgemeinen bereit, Lösungen zur Unterstützung der neuen Verordnung anzubieten.