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Das passiert 2022
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Das passiert 2022
Sachversicherung
Der industrielle Sachversicherungsmarkt in Deutschland befindet sich nicht nur in einem verhärteten Marktzyklus, sondern in einer nachhaltigen Transformation. Indizien auf der Spurensuche, welche Entwicklung der industrielle Sachversicherungsmarkt 2022 nehmen wird, lassen sich mit den Kennzahlen des GDV finden. Die Schadenaufwendungen im letzten Jahr haben durch eine Normalisierung der Großschadenlast und durch Sturzflut „Bernd“ zu einer Schadenkostenquote des Marktes von 177 Prozent* geführt, der bisher höchste Wert in den 2000er-Jahren.
Die Versicherer werden daher an ihren Maßnahmen zur Verbesserung der Rentabilität festhalten. Dies wird sich besonders in der strikten Risikoselektion, strengen Maßstäben an die Qualität des Brandschutzes sowie in der zielgerichteten Kapazitätsvergabe auch bei Limits zu Naturgefahren widerspiegeln. Im weiteren Fokus bleiben Themen wie ESG, das Rückwirkungsrisiko sowie der Einfluss des Klimawandels auf wetterbedingte Naturgefahren. Die Dynamik der Preiserhöhungen wird sich trotzdem abschwächen, da die Versicherer nach drei Jahren der Sanierung wieder zunehmend die Sicherung des Bestandes im Blickfeld des Handels haben werden. Gleichwohl werden die Prämienforderungen der Versicherer weiterhin eine große Bandbreite einnehmen, was zumindest bei wettbewerbsintensiven Betriebsarten vorteilhaft für Kunden sein kann.
D&O
Zwei Jahre mit teils sehr massiven Prämienerhöhungen bei gleichzeitigen Kürzungen von Kapazitäten liegen hinter uns. Jetzt sind leichte, hoffnungsvolle Tendenzen erkennbar, dass sich der D&O-Markt stabilisieren wird. Die Gründe: Neue Marktteilnehmer bieten ihre Versicherungskapazitäten an und beleben dadurch den Wettbewerb.
Der Rückversicherungsmarkt ist in einer soliden Verfassung. Zudem öffnen sich große Versicherer wieder etwas mehr und halten nach Neugeschäft Ausschau. Doch es dürften nicht alle Unternehmen gleichermaßen von den positiven Signalen profitieren. Marktbezogene Gründe liegen vor allem in den unverändert geringeren Versicherungssummen im Vergleich zur weichen Marktphase vor 2019, einer nach wie vor sehr individuellen Bewertung von Unternehmen durch die D&O-Anbieter sowie den vielen anhängigen Rechtsstreitigkeiten, insbesondere in den USA. Insgesamt betrachtet haben es auch die Unternehmen selbst in den Händen, die Chancen auf die Umsetzung eines adäquaten Versicherungsschutzes zu erhöhen. So ist es wichtig, sich mit seinem Berater eng über eine vorausschauende strategische Planung zur Vertragsverlängerung zu verständigen. Zudem gilt es, in enger Abstimmung Risikoinformationen aufzubereiten, mit Risikoträgern eine Vertrauensbasis zu schaffen und Optionen zum klassischen D&O-Versicherungsschutz im Blick zu behalten.
Haftpflichtversicherung
Der Haftpflichtmarkt wird 2022 in Bewegung bleiben. Prägend bleiben für exponierte Risiken Prämienerhöhungen, der Abbau von Kapazitäten und Anpassungen von Selbstbeteiligungen. Zwar dürfte sich die Ertragssituation der Versicherer durch Prämienerhöhungen und Veränderungen der Eigentragung in 2021 verbessert haben. Ob und in welchem Umfang Anhebungen von Prämien angestoßen werden, wird vor allem von zwei Faktoren abhängen: Hat der jeweilige Versicherer sein Ziel bereits erreicht und haben die Maßnahmen das eigene Ergebnis verbessert? Gerade bei exponierten Risiken und Branchen werden die Versicherer Risiko und Prämie genau prüfen. Es ist zu erwarten, dass diese Unternehmen 2022 noch stärker Verhandlungen über Eigentragungen und Einschränkungen im Deckungsumfang führen werden.
Warentransport
Der Waren-Transportversicherungsmarkt ist in Bewegung und verändert sich deutlich kurzfristiger als noch vor einigen Jahren. Die Waren-Transportversicherer mussten sich im vergangenen Jahr mit vielfältigen Themen beschäftigen, angefangen bei der Havarie der „Ever Given“ im Suezkanal über die drohende Gefahr von Cyber- und Pandemie-Ereignissen bis hin zu schlechten Schadenverläufen. Die Anbieter werden sich auch in diesem Jahr sehr individuell mit den Risiken beschäftigen. Daher ist mit starken Prämienschwankungen und inhaltlichen Abweichungen beim Deckungsumfang der Policen zu rechnen. Etwaige Sanierungsbemühungen sind im Einzelfall insbesondere bei nun auslaufenden Mehrjahresverträgen zu erwarten; Gleiches gilt für solche Verträge, die sich unterhalb gewisser Mindestanforderungen bewegen.
Technische Versicherung
Für die meisten Zweige deuten sich keine generellen Preiserhöhungen des Gesamtbestands an. Die bereitgestellten Deckungskapazitäten sind weiterhin ausreichend. Nur bei komplexeren Risiken, wie beispielsweise Gasturbinen, Kessel, Dampfturbinen, Offshore, Seekabel oder Projektrisiken mit hohem Maximalschadenpotenzial, bieten die Versicherer mittlerweile eher etwas niedrigere Zeichnungsanteile an. Einige Anbieter versuchen zudem, die Preise zu erhöhen beziehungsweise den Deckungsumfang einzuschränken. Bei Kohlekraftwerken wird das Zeichnungsverhalten der Versicherer zusätzlich sehr stark durch die umweltpolitische Verantwortung im Rahmen der ESG-Ziele (Environment, Social, Governance) beeinflusst und bleibt daher eher unklar.
* GDV, Hochrechnung auf Basis des 4. Quartals