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EuGH-Urteil zur LKW-Maut: Überprüfen Sie Ihre Rückforderungsansprüche
Wer regelmäßig mit schweren Nutzfahrzeugen wie LKW auf den Straßen innerhalb Europas unterwegs ist, kennt es: Der tiefe Griff in die Unternehmenstasche zur Zahlung der Mautgebühren. Ein aktuelles Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) dürfte für diese Unternehmen jetzt von Interesse sein. Denn das Gericht hat entschieden, dass die Kosten der Verkehrspolizei bei der Berechnung der Mautgebühren für die Nutzung des transeuropäischen Straßennetzes durch schwere Nutzfahrzeuge nicht berücksichtigt werden dürfen. Die bislang durch Deutschland somit nicht umlagefähigen erhobenen Kosten können nun zurückgefordert werden.
In einem aktuellen Mauterstattungsfall hatte ein polnischer Spediteur geklagt, dass die Bundesrepublik Deutschland nicht umlagefähige Infrastrukturkosten in die Berechnung der Mautzahlungen einbezogen habe. Dabei bezog sich der Kläger im Speziellen auf Kosten für die Verkehrspolizei zwischen den Jahren 2007 und 2015. Die Mautgebühr sei damit für diesen Zeitraum – und aller Wahrscheinlichkeit nach auch in den Folgejahren – um mindesten 3,8 Prozent zu hoch ausgefallen. Der Europäische Gerichtshof gab ihm Recht und segnete die Vorabentscheidung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen ab. Durch das Urteil vom 28.10.2020 drohen dem Bund nun Rückzahlungen in Milliardenhöhe.
Hintergrund: Umlagefähige Infrastrukturkosten
Alle Mitgliedstaaten, die auf dem transeuropäischen Straßennetz Mautgebühren erheben, dürfen bei der Festsetzung der Mautgebühren ausschließlich Infrastrukturkosten berücksichtigen. Konkret umfassen diese sämtliche Baukosten und die Kosten für Betrieb, Instandhaltung und Ausbau des jeweiligen Verkehrswegenetzes.
Sollte ein Mitgliedsstaat die Mautgebühren nicht ordnungsgemäß erheben, hat der einzelne Verkehrsteilnehmer somit immer das Recht, sich vor den nationalen Gerichten auf die europäische Regelung zu berufen. Wie der vorliegende Fall zeigt, liegen polizeiliche Tätigkeiten also beispielsweise in der Verantwortung des Staates und gehören nicht zu den Pflichten des Betreibers der Straßeninfrastruktur.
Was bedeutet das Urteil für betroffene Unternehmen?
Der Gerichtsbeschluss ermöglicht Rückforderungsansprüche gegen die Bundesrepublik Deutschland aus bereits erbrachten Mautzahlungen mitunter sogar bis ins Jahr 2005 zurück. Aon empfiehlt allen Unternehmen, die das europäische Verkehrsnetz nutzen, das aktuelle Urteil zum Anlass zu nehmen und Mautzahlungen in den einzelnen Ländern regelmäßig auf deren Rechtmäßigkeit zu überprüfen.