Covid-19: Welche behördlichen Erleichterungen im Umweltbereich gibt es?

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Viele Bereiche des öffentlichen Lebens sind derzeit lahmgelegt. Die aktuelle Krisensituation wirft zahlreiche Fragen auf. Anderseits sind viele widersprüchliche oder gar falsche Informationen im Umlauf. Unternehmen sind sich deshalb zunehmend unsicher über Regelungen und bestehende Pflichten im Bereich des Umweltschutzes. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) appellierte aufgrund der unsicheren Lage am 30. März 2020 an die Bundesregierung, Folgen von eventuell versäumten Informationspflichten zu mildern.

Das Umweltbundesamt ist dem zum Teil bereits nachgekommen und hat unter Abstimmung mit den einzelnen Ländern viele behördliche Erleichterungen verabschiedet. Nachfolgend haben wir aktuelle Informationen und behördliche Erleichterungen der einzelnen Länder für Sie aufgeführt.
Bitte beachten Sie, dass sich die Situation derzeit täglich ändern kann. Weitere Unterstützung kann bei den zuständigen Behörden Ihres Bundeslandes erfragt werden.

  • Dokumentation von Abfallentsorgungen: Der Sammelentsorgungs-Nachweis ist in einigen Bundesländern (z. B. Rheinland-Pfalz) bis auf Weiteres nicht mehr handschriftlich erforderlich. Weitere Informationen finden Sie hier. In Baden Württemberg kann auf die Unterschriften in Übernahmescheinen verzichtet werden. Weitere Informationen finden Sie hier.
  • Energieaudit: Beeinträchtigungen durch die aktuelle Situation werden berücksichtigt. Eine Dokumentation der individuellen Umstände ist jedoch unbedingt erforderlich. Bis auf Weiteres finden keine Stichprobenkontrollen durch das BAFA (Bundesministerium für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle) statt.
  • Energieeinsparungsgesetz (EnEG; EEG): In Bayern kann der Wechsel von nicht mehr geeichten Zählern bis vorerst 30. Juni 2021 verschoben werden. Weitere Informationen finden Sie hier.
  • Elektro- und Elektronikgerätegesetz (ElektroG): Die Jahres-Statistik-Mitteilung für 2019 darf nun anstatt am 30.04.2020 bis zum 31.05.2020 abgegeben werden. Weitere Informationen finden Sie hier.
  • Gefahrgutrecht (hier Druck- und Kryogefäße im Straßenverkehr (M326) oder Schienenverkehr (RID 3/2020) mit abgelaufener Prüfungsfrist): Das Nachfüllen mit bestimmten Gasen (UN Nummern 1002, 1013, 1046, 1070, 1072, 1660, 1956, 3156 und 3157 bzw. UN 1073, 1963 und 1977) ist vorerst bis 31. August 2020 weiterhin möglich (Stand: 30.03.2020). Die Vereinbarungen wurden mittlerweile unterzeichnet durch: Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg, den Niederlanden, Spanien und dem Vereinigten Königreich. Weitere Informationen und Meldungen zum Thema Gefahrgut finden Sie hier.
  • Störfallüberwachung 12. BImSchV (Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes): In einigen Bezirksregierungen Bayerns werden verschiebbare Regelüberwachungen und -inspektionen bis auf Weiteres nicht mehr durchgeführt. Anlassbezogene Überwachungen müssen jedoch weiterhin gewährleistet werden (Stand 06. April 2020). Weitere Informationen und aktuelle Meldungen finden Sie hier.
  • Umweltmanagement nach EMAS (Gemeinschaftssystem für Umweltmanagement und Umweltbetriebsprüfung): Bis zum 30. Juni 2020 anstehende Begutachtungs- und Registrierungsfristen können auf Antrag um bis zu drei Monate verlängert werden. Nähere Informationen finden Sie hier.
  • Iso Management-Systeme: Fristen bei Überprüfungsaudits oder Rezertifizierungen können nach Empfehlung der DAkkS (Deutsche Akkreditierungsstelle) auf Antrag ab sofort um bis zu sechs Monate verschoben werden. Ein Antrag und Nachweise über Beeinträchtigungen durch Covid-19 sind unbedingt erforderlich. Die Zertifizierungsstelle entscheidet für den Einzelfall. Weitere Informationen finden Sie hier.
  • Prüfungen nach AwSV (Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen): Übereinkunft von Bundes Umweltministerium und allen Bundesländern: Keine pauschale Verlängerung der Prüffristen. Aber Verzicht auf verwaltungsrechtliche Maßnahmen oder Ordnungswidrigkeitsverfahren. Dokumentation der individuellen Umstände ist erforderlich. Fällige Sachverständigenprüfungen sind sobald als möglich unverzüglich nachzuholen. Mängelbehebungen sind weiterhin nach § 48 durchzuführen. Sonstige Betreiberpflichten gelten fort! Als Datum für die Ermittlung nächster Prüfungen ist ursprünglicher Termin heranzuziehen (vgl. Fußnote 4 von Anlage 5 + 6 der AwSV [BMU Schreiben AwSV 04.20]).

In welchen Bereichen liegen (noch) keine Erleichterungen vor?

Zu den nachfolgenden Pflichten liegt bislang noch keine offizielle Stellungnahme der jeweils zuständigen Behörden vor. Hier behalten alle üblichen Regelungen und Fristen vorerst ihre Gültigkeit. Eine Nichteinhaltung von Pflichten kann mitunter Bußgelder von bis zu 100.000 Euro nach sich ziehen.

  • Emissionserklärung (§ 27 BImSchG)
  • Wiederkehrende Emissionsmessung (§ 28 BImSchG)
  • Fortbildungsmaßnahmen für Betriebsbeauftragte oder Fachbetriebe (bspw. § 9 Abs. 2 AbfBeauftrV, § 9 5. BImSchV, § 63AwsV, § 64 WHG (Wasserhaushaltsgesetz))
  • Wiederkehrende Überwachungen von Feuerungsanlagen durch Schornsteinfeger (§ 15 1. BImSchV)
  • Diverse Messungen, Überwachungen oder Berichtspflichten nach 2., 7.,11., 13., 17., 20., 25., 27., 28.,31.,42. und 44. BImSchV
  • Jahresberichte der Gewässerschutzbeauftragten (§ 65 Abs 2 WHG), Immissionsschutzbeauftragten (§ 54 Abs. 2 BImSchG) und Störfallbeauftragten (§ 58b Abs. 2 BImSchG)
  • Behördliche Überwachung nach AbwAG (Abwasserabgabengesetz)
  • Erklärung zur Abwasserabgabe (nach § 11 AbwAG)
  • Vollständigkeitserklärung nach VerpackG (Verpackungsgesetz) bis zum 15. Mai 2020
  • Abgabefrist für Mengenmitteilung (nach § 27 Abs. 2 S. 4 ElektroG (Elektrogesetz))
    à Nachweis der Hersteller über zurückgenommene, verwertete oder beseitigte Altgeräte bis zum 30. April 2020
  • Jahresbericht nach § 3 Abwasserverordnung musste bis zum 31. März 2020 abgegeben werden
  • Fristen im Rahmen des Emissionshandels (siehe Mitteilung der Europäischen Kommission)

Wichtig: Es kann immer zu individuellen Abweichungen kommen. Überprüfen Sie deshalb jede Ihrer Pflichten sorgfältig und wenden Sie sich im Zweifel an die jeweils zuständige Behörde. Die reine Annahme, dass Behörden derzeit nicht tätig werden können, stellt keine Entschuldigung für die Nichterfüllung Ihrer Pflichten dar. Die Ausführungen stellen ausdrücklich keine Rechtsberatung dar und ersetzen nicht die fundierte Rechtsberatung durch einen Fachanwalt.

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Ansprechpartner

Martina Dinnis
Senior Risk Consultant I Risk Control & Engineering
+49 40 3605-3139

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